The Project Gutenberg EBook of Die Germania by Cornelius Tacitus This eBook is for the use of anyone anywhere at no cost and with almost no restrictions whatsoever. You may copy it, give it away or re-use it under the terms of the Project Gutenberg License included with this eBook or online at http://www.gutenberg.org/license Title: Die Germania Author: Cornelius Tacitus Release Date: April 29, 2012 [Ebook #39573] Language: German Character set encoding: US-ASCII ***START OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE GERMANIA*** [Illustration: Einband] Die Germania des Cornelius Tacitus Mit einer Karte [Illustration: Verlagssignet] Uebersetzung von Paul Stefan Im Insel-Verlag zu Leipzig _1_ Ganz Germanien scheiden die Stroeme Rhein und Donau vom gallischen und raetisch-pannonischen Gebiet; gegen Sarmater wie Daker bilden Gebirge oder das Misstrauen hueben und drueben die Grenze. Das uebrige umfliesst in weiten Buchten der Oceanus, unermessliche Inseln umfangend; dort sind einige Voelkerschaften und Herrscher neulich bekannt geworden, die ein Kriegszug erschloss. Der Rhein entspringt einem unzugaenglich jaehen Hang der Raetischen Alpen, wendet sich in maessiger Biegung gegen Westen und muendet ins noerdliche Meer. Die Donau stroemt in dem sanft und gemaechlich ansteigenden Gebirgszug Abnoba hervor und kommt an mancherlei Voelker heran, bis sie ins Pontische Meer in sechs Muendungen durchbricht. Ein siebenter Auslauf verliert sich in Suempfen. _2_ Das Volk der Germanen scheint mir ureingeboren zu sein und ganz und gar nicht beruehrt durch Zuzug oder Aufnahme aus fremden Staemmen. Denn nicht zu Lande, sondern auf vielen Schiffen kamen in der Urzeit die Wanderer, die einen neuen Wohnsitz suchten; und ins unermessliche Meer dort droben, in eine, ich moechte sagen andere Welt gelangen Fahrzeuge aus unserem Erdkreis kaum. Und wer haette denn auch, ungerechnet die Gefahr auf dem schauerlichen, unbekannten Meere, Asien, Afrika oder Italien verlassen und nach Germanien ziehen moegen, in ein ungestaltes Land unter rauhem Himmel, wuest zu bewohnen und anzuschauen fuer alle, die da nicht heimisch sind? Sie feiern in alten Liedern, den einzigen Denkmaelern ihrer Ueberlieferung und Geschichte, einen erdgeborenen Gott Tuisto und seinen Sohn Mannus, den Urvater und Begruender ihres Stammes. Mannus habe drei Soehne gehabt, nach denen die Voelker naechst dem Nordmeer Ingaevonen, die im Innern Herminonen, die uebrigen Istaevonen genannt wuerden. Andere behaupten (spielt doch hier fernste Sage und Willkuer), es habe mehr Soehne des Gottes, also auch mehr Volksbezeichnungen gegeben, Marsen, Gambrivier, Sueben, Vandilier, und das seien echte alte Namen. Das Wort Germanien sei ziemlich neu und erst vor einiger Zeit aufgekommen: die ersten, die den Rhein ueberschritten und die Gallier vertrieben, jetzt Tungrer, seien damals Germanen genannt worden, und allmaehlich habe sich der Name eines einzelnen Stammes und nicht eines Volkes behauptet. So naemlich, dass zuerst die Sieger, der Schreckenswirkung zuliebe, der grossen Gesamtheit den eigenen Namen beigelegt und dass die ihn dann angenommen und sich wirklich Germanen genannt haetten. _3_ Es heisst auch, dass Herkules bei ihnen gewesen sei, und sie singen von ihm als dem ersten aller Tapferen, wenn sie in den Kampf ziehen. Noch eine Art Schlachtgesang haben sie, dessen Vortrag, _barditus_ genannt, sie befeuert, ja den Ausgang der kommenden Schlacht in dem blossen Klang ahnen laesst; denn sie schrecken oder erschrecken selbst, je nachdem es durch die Reihen droehnt, gleich als waere das nicht so sehr der Hall ihrer Stimmen als ihres Heldenmuts. Ein gewollt rauher Schall, ein jaeh abbrechendes Brausen entsteht, wenn sie die Schilde vor den Mund halten, dass die Stimme rueckprallend noch voller und tiefer schwelle. Doch auch Ulixes, so meinen welche, habe auf seiner langen sagenreichen Irrfahrt, in jenes Nordmeer verschlagen, germanische Laender betreten; Asciburgium, am Ufer des Rheins gelegen und noch heute bewohnt, sei von ihm gegruendet und benannt. Ja, ein Denkstein, der, von Ulixes errichtet, auch den Namen seines Vaters Laertes trage, sei vorzeiten an diesem selben Ort aufgefunden worden, und etliche Denk- und Grabmaeler mit griechischer Schrift gaebe es in der germanisch-raetischen Grenzmark noch heute. Dies alles mit Gruenden zu stuetzen oder abzuweisen, habe ich nicht im Sinn: man schenke oder versage dem Glauben, wie es jedem beliebt. _4_ Selber schliesse ich mich denen an, die Germaniens Staemme, rein und vor jeglicher Mischung mit Fremden bewahrt, fuer ein eigenes, unverfaelschtes, keinem anderen vergleichbares Volk nehmen. Daher auch, unerachtet der grossen Menschenzahl, ueberall der gleiche Schlag: hellblaue trotzige Augen, rotblondes Haar, gewaltige Leiber, nur zu Tat und ungestuemem Draengen taugend; muehsamer Arbeit sind sie nicht in gleichem Masse gewachsen. Durst und Hitze koennen sie gar nicht vertragen, Kaelte aber und Hunger sind sie in ihren Breiten, auf ihrem Boden gewohnt. _5_ Das Land sieht wohl nicht ueberall gleich aus; doch allenthalben starrt schrecklicher Urwald, dehnen sich haessliche Suempfe. Es ist feuchter gegen Gallien hin, windiger gegen Noricum und Pannonien: Saatgut traegt es, Fruchtbaeume gedeihen nicht, Vieh ist haeufig, aber meist unansehnlich. Selbst nicht die Rinder haben ihr stattliches Wesen und ihren Schmuck an der Stirn: nur die Zahl der Herde erfreut, nur sie bildet das einzige und ein sehr geschaetztes Vermoegen. Silber und Gold haben die Goetter ihnen nicht vergoennt (ob wohl aus Gunst oder Zorn?), doch moechte ich nicht behaupten, dass Germanien keine Ader Silbers oder Goldes berge; wer haette danach gesucht? Es zu besitzen und zu brauchen, macht ihnen jedesfalls nicht viel aus. Man kann bei ihnen silbernes Geraet sehen (wie es ihre Gesandten und Fuersten als Geschenk erhalten), das sie nicht hoeher achten als irdenes. Nur die Grenznachbarn wissen im Handelsverkehr Gold und Silber zu schaetzen, erkennen gewisse Praegungen unseres Geldes als echt an und geben ihnen den Vorzug. Tiefer im Innern bleibt es beim einfachen alten Tauschhandel. Von dem Geld nehmen sie nur das alte, wohlbekannte gern, die Muenzen mit gezahntem Rand und die mit dem Zweigespann. Auch halten sie sich mehr an das Silber als an Gold, nicht aus besonderer Vorliebe, sondern weil ihnen eine Anzahl von Silbermuenzen besser dient, wenn sie allerhand wohlfeile Ware erhandeln. _6_ Selbst Eisen haben sie nicht allzuviel, wie ihre Waffen zum Angriff zeigen. Wenige fuehren Schwerter oder laengere Spiesse; meist brauchen sie Speere (wie sie sagen, Framen) mit schmaler, kurzer Eisenspitze, aber so scharf und so handlich, dass sie dieselbe Waffe, je nach Beduerfnis, im Nah- wie im Fernkampf verwenden koennen. Der Reiter begnuegt sich mit Schild und Frame, das Fussvolk schleudert auch Geschosse, jeder gleich mehrere, und wirft, nackt oder nur im leichten Mantel, unglaublich weit. Ihre Ruestung prunkt nicht; nur die Schilde bemalen sie unterschiedlich mit den buntesten Farben. Panzer haben sie kaum, Helme aus Erz oder Leder nur einer und der andere. Die Pferde sind nicht durch Schoenheit, nicht durch Geschwindigkeit ausgezeichnet, aber sie werden auch nicht wie bei uns zu vielerlei Wendungen abgerichtet: man treibt sie geradeaus oder schwenkt nur einmal nach rechts, in streng geschlossener Linie, so dass niemand zurueckbleibt. Im ganzen ruht die groessere Kraft im Fussvolk; darum streitet auch eine gemischte Schar, in der sich hurtiges Fussvolk, aus der gesamten Jungmannschaft erlesen, dem Reiterkampf schmiegsam anpasst, vor der uebrigen Hauptmacht. Auch ihre Zahl ist bestimmt: es sind ihrer hundert aus jedem Gau, und Hunderter heissen sie bei den Ihren. Was also zuerst Zahl war, ist nun Name und Ehrenname geworden. Die Hauptmacht wird in Keilform aufgestellt. Vom Platze weichen gilt, wenn man nur wieder vordringt, eher fuer klug und nicht als Feigheit. Ihre Verwundeten bringen sie auch in bedenklichen Kaempfen in Sicherheit. Den Schild im Stiche zu lassen, ist der aergste Frevel. Ein derart Ehrloser darf nicht mit opfern noch mit raten. Und schon mancher, der im Kriege davonkam, hat seine Schmach mit einer Schlinge beendet. _7_ Koenige waehlt man nach ihrem Adel, Fuehrer nach ihrer Tapferkeit. Doch auch der Koenige Macht ist nicht ohne Schranken, nicht Willkuer, und die Fuehrer wirken weit mehr durch ihr Vorbild als durch ihr Amt: wenn sie ueberall zur Hand, wenn sie allen sichtbar, wenn sie immer vorne kaempfen und zur Bewunderung fortreissen. Auch ist es ihnen nicht erlaubt, ueber Leben und Tod zu richten, noch fesseln zu lassen; ja selbst zu Schlaegen verurteilen duerfen nur Priester, gleichsam als geschaehe es nicht zur Strafe noch auf Befehl des Fuehrers, sondern gewissermassen auf Geheiss der Gottheit, die nach germanischem Glauben ueber den Streitenden waltet. So nehmen sie auch Bilder und gewisse Goetterzeichen aus den Hainen in die Schlacht mit, und ein besonders wirksamer Anreiz zur Tapferkeit ist es, dass nicht ein Ungefaehr, nicht irgendeine Zusammenrottung Geschwader und Keile entstehen laesst, sondern dass Familien und Sippen zusammenhalten. Dann sind auch fuer jeden seine Lieben ganz nahe, und da hoert er das schrille Geschrei der Frauen, das Wimmern der Kinder. Hier hat er die heiligsten Zeugen, hier das lauteste Lob: zur Mutter, zur Gemahlin kommt er mit seinen Wunden, und die schrecken nicht zurueck, zaehlen und pruefen sie ihm und bringen den Kaempfern Speise und Zuspruch. _8_ Es ist uns ueberliefert, dass Frauen, mehr als einmal, schon wankende und weichende Reihen durch ihr unablaessiges Flehen, die Brueste entbloessend und auf die drohende Gefangenschaft deutend, wieder hergestellt haben. Denn ihre Frauen gefangen zu denken, ist ihnen ganz unertraeglich, und das geht so weit, dass Voelkerschaften, die unter ihren Geiseln auch adlige Maedchen stellen muessen, wirksamer gebunden sind. Ja, sie schreiben den Frauen etwas Heiliges, Seherisches zu und verschmaehen nicht ihren Rat, ueberhoeren nicht ihren Bescheid. Wir haben gesehen, wie zu des erlauchten Vespasianus Zeit Veleda weit und breit als goettliches Wesen galt. Aber auch frueher haben sie Albruna und manche andre Frau verehrt, doch nicht aus Schmeichelei, noch als machten sie Goettinnen aus ihnen. _9_ Unter den Goettern verehren sie am hoechsten den Mercurius; sie glauben, ihm an bestimmten Festen auch Menschenopfer bringen zu duerfen. Mars und Herkules versoehnen sie nur mit erlaubten Tieren. Ein Teil der Sueben dient auch der Isis. Anlass und Ursprung dieser fremden Anbetung kann ich nicht recht erklaeren; nur zeigt gerade das Sinnbild, einem Liburnerschiff gleichend, dass sie ueber die See eingedrungen ist. Uebrigens widerstrebt es ihrer Anschauung von der Groesse der Himmlischen, die Goetter in Mauern zu sperren und mit menschlichen Zuegen abzubilden. Sie weihen ihnen Waelder und Haine und rufen mit Goetternamen jene geheime Macht an, die sie nur in entrueckter Andacht schauen. _10_ Auf Vorzeichen und Losdeutungen achten sie wie nur irgendein Volk. Das Verfahren beim Losen ist einfach. Sie schneiden den Zweig von einem wilden Fruchtbaum zu Staebchen, ritzen auf jedes ein bestimmtes Zeichen und streuen sie aufs Geratewohl ueber ein weisses Tuch hin. Dann hebt, wenn in gemeiner Sache Rat gesucht wird, der Priester, wenn in Sachen einzelner, das Familienhaupt, mit einem Gebet zu den Goettern gegen Himmel aufblickend, nacheinander drei Staebchen auf und deutet sie gemaess dem zuvor eingeschnittenen Mal. Sind sie nicht guenstig, so wird in derselben Sache am gleichen Tage nicht mehr befragt, wenn aber guenstig, noch die Bestaetigung durch Vorzeichen gefordert. Und zwar ist auch hier gelaeufig, Vogelstimmen und Vogelflug zu erkunden: eigentuemlich aber ist diesem Volke, auch auf die Ahnungen und Warnungen von Pferden zu achten. In den gleichen Hainen und Waeldern, deren ich schon gedachte, werden auf Kosten der Gemeinschaft weisse Rosse gehalten, von keiner irdischen Arbeit beruehrt. Nun spannt man sie vor den heiligen Wagen, und der Priester mit dem Koenig oder Fuersten geht nebenher und merkt auf ihr Wiehern und Schnauben. Und kein anderes Vorzeichen findet groesseren Glauben, nicht nur im niederen Volk, sondern auch bei den Vornehmen und Priestern. Diese halten sich wohl fuer die Mittler der Gottheit, die Rosse aber fuer ihre Vertrauten. Dann gibt es noch eine Art Schicksalserforschung, durch die sie den Ausgang schwerer Kriege erfahren wollen. Aus dem Volk ihrer Gegner stellen sie einen Gefangenen, den sie irgendwie aufgegriffen haben, einem auserlesenen Kaempfer des eigenen Volkes gegenueber, jeden mit seinen heimischen Waffen: der Sieg des einen wie des anderen gilt als Vorbedeutung. _11_ Ueber geringere Sachen beraten die Fuersten, ueber wichtigere die Gesamtheit, jedoch so, dass auch, was das Volk entscheidet, im Rat der Fuersten vorbesprochen wird. Sie kommen, ausser wenn ein unerwarteter Zufall eintritt, in bestimmten Fristen zusammen, zum Neumond oder zum Vollmond; denn diese Zeiten scheinen ihnen besonders guenstig fuer den Beginn eines Unternehmens. Sie zaehlen auch nicht wie wir die Tage, sondern die Naechte. Darnach wird anberaumt und zugesagt: die Nacht fuehrt gleichsam den Tag herauf. Ihre ungeregelte Freiheit hat das Missliche, dass sie nicht gleichzeitig und nicht nach dem Geheiss beisammen sind, sondern dass oft ein zweiter, ein dritter Tag mit dem Warten auf Saeumige hingeht. So wie es der Schar genehm ist, setzen sich alle, in Waffen. Die Priester, die hier auch das Recht zu ahnden haben, gebieten Schweigen. Darauf findet der Koenig oder Fuerst Gehoer, jeder nach seinem Alter, Adel, Kriegsruhm und Redevermoegen, mehr nach dem Gewicht seines Rates als nach der Macht zu befehlen. Missfaellt der Antrag, so wird er durch Murren verworfen; gefaellt er, so schlagen sie mit den Framen aneinander. Das ehrenvollste Zeichen des Beifalls ist Lob mit den Waffen. _12_ Vor dieser Versammlung darf auch Klage angebracht und peinliches Gericht begehrt werden. Die Strafen scheiden sich nach dem Verbrechen. Verraeter und Ueberlaeufer haengen sie an Baeumen auf, Feige, Weichlinge und am Koerper Geschaendete versenken sie in Schlamm und Morast und werfen Flechtwerk darueber. Die Verschiedenheit der Todesart deutet darauf, dass man Frevel durch die Strafe gleichsam kundtun, Schandtaten verbergen muesse. Aber auch fuer leichtere Vergehungen gibt es angemessene Strafe: die Ueberwiesenen werden um eine Anzahl von Pferden und Vieh gebuesst. Ein Teil der Busse wird dem Koenig oder Gemeinwesen, der andere dem, der sein Recht erhaelt, oder seinen Verwandten geleistet. In den gleichen Versammlungen werden auch die Fuersten bestimmt, die in Gauen und Doerfern Recht sprechen. Jedem solchen treten hundert Maenner aus dem Volke als Rat und Beistand zur Seite. _13_ Nie aber, ob sie nun Geschaefte des Gemeinwesens oder eigene besorgen, erscheinen sie anders als gewaffnet. Doch soll niemand die Waffen anlegen, ehe ihn nicht die Gemeinde fuer wehrhaft erklaert hat. Dann schmueckt gleich in der Versammlung entweder ein Fuerst oder der Vater oder ein Verwandter den Juengling mit Schild und Frame. Das ist dort die Toga, das des jungen Mannes erste Ehrung; bis dahin gilt er als Glied des Hauswesens, nunmehr der Gemeinschaft. Vornehme Abkunft oder hohes Verdienst des Vaters sichert die Fuerstengunst auch noch nicht Mannbaren. Solche schliessen sich dann den uebrigen, Aelteren, laengst schon Bewaehrten an. Und es ist fuer niemand beschaemend, in einem Gefolge zu erscheinen. Ja im Gefolge selbst gibt es noch eine Rangordnung nach dem Ermessen des Gefolgsherrn, und gross ist der Wetteifer der Mannen um den ersten Platz zunaechst dem Fuersten, wie auch der Fuersten um das zahlreichste und mutigste Gefolge. Das bringt Wuerde, bringt Macht: immerzu von einer grossen Schar erlesener Jugend umgeben zu sein; im Frieden eine Zier, im Kriege Schirm und Schutz. Aber nicht nur bei seinem Stamm, sondern auch in den Nachbargauen wird bekannt und beruehmt, wer sich durch Zahl und Wert seines Gefolges hervortut. Gesandte suchen ihn auf, er erhaelt Geschenke, und schon sein Ruf kann oft Kriege niederschlagen. _14_ Kommt es zum Kampf, so ist es ein Schimpf fuer den Fuersten, sich an Tapferkeit uebertreffen zu lassen, ein Schimpf fuers Gefolge, es der Tapferkeit des Fuehrers nicht gleichzutun. Hoechste Schmach und Schande vollends ist es fuer das ganze Leben, ohne den Herrn lebend vom Kampffeld zu weichen: ihn zu verteidigen, ihn zu behueten, ja die eigene Heldentat seinem Ruhm zuzurechnen, ist vornehmste Eidespflicht. Fuersten kaempfen fuer den Sieg, das Gefolg fuer den Fuersten. Wenn ihre Heimat in langem, muessigem Frieden verkommt, dann ziehen adlige Juenglinge oft auf eigene Faust hinaus zu anderen Voelkern, die gerade Krieg fuehren. Denn ein ruhiges Leben gefaellt diesem Volke nicht, in der Gefahr finden sie leichter Ruhm, und man kann auch ein grosses Gefolge nur durch Gewalt und Krieg erhalten; heischen doch die Mannen von der Milde des Fuersten das Streitross und die blutige, siegbewaehrte Frame. Auch ersetzt ja die Speisung und grobe, aber reichlich ausgerichtete Bewirtung den Sold: solcher Freigebigkeit schafft Krieg und Raub die Mittel. Den Acker zu pfluegen und die Jahreszeit abzuwarten, wuerde sie keiner so leicht ueberreden; viel eher den Feind zu fordern und sich Wunden zu holen. Ja, es duenkt ihnen wohl faul und schlapp, im Schweiss zu erarbeiten, was mit Blut zu gewinnen waere. _15_ Wenn sie nicht Krieg fuehren, so verbringen sie ihre Zeit auf der Jagd, haeufiger noch muessig, einzig dem Schlaf und dem Schmaus ergeben. Gerade die Tapfersten und Kriegstuechtigsten tun gar nichts und ueberlassen die Sorge um Heim und Herd und Flur den Frauen und Greisen oder recht den Gebrechlichsten aus der Sippe; sie selber sehen stumpf und traege zu. Sonderbarer Zwiespalt ihres Wesens, dass ganz die gleichen Menschen so sehr das Nichtstun lieben und doch die Ruhe hassen! Es ist Sitte, dass die Gemeindegenossen freiwillig, jeder fuer sich, den Fuersten Vieh und Korn beisteuern, was, zwar als Ehrengabe empfangen, doch auch dem Bedarf zustatten kommt. Besonders freuen sie sich mit Geschenken benachbarter Voelker, wie sie nicht nur von einzelnen, sondern auch im Namen einer Gemeinschaft gesendet werden, erlesenen Pferden, praechtigen Waffen, Brustschmuck und Ringen. Schon haben wir sie auch Geld zu nehmen gelehrt. _16_ Dass die germanischen Staemme nirgends Staedte bewohnen, ist genugsam bekannt, auch dass sie selbst geschlossener Siedelung abhold sind. Sie bauen ohne Richtung und Ordnung, wo ihnen eben ein Quell, eine Flur, ein Gehoelz gefaellt. Wohl legen sie Doerfer an, aber nicht nach unsrer Art mit verbundenen Gebaeuden, in einem Zusammenhang: jeder fuer sich umgibt sein Haus mit einem freien Raum, vielleicht zum Schutz gegen Feuersgefahr, vielleicht weil er nicht besser zu bauen versteht. Selbst Bruchsteine und Ziegel sind ihnen unbekannt; ueberall verwenden sie ungefueges Holz, unbekuemmert um Gefallen und Ansehn. Doch ueberstreichen sie einzelne Stellen recht sorgfaeltig mit einer Erdart von so reinem Glanz, dass es wie Bemalung und farbige Zeichnung wirkt. Auch graben sie unterirdische Hoehlen und legen eine dichte Dungschicht darueber hin: als Zuflucht fuer den Winter und als Vorratsspeicher. Denn solche Raeume mildern die strengen Froeste; und faellt einmal der Feind ins Land, so pluendert er zwar, was offen daliegt, vom geborgenen und vergrabenen Gut jedoch erhaelt er nicht Kunde, oder es entgeht ihm gerade darum, weil ers erst suchen muesste. _17_ Als Ueberwurf tragen alle einen kurzen Rock, der von einer Spange, wo sie mangelt, von einem Dorn zusammengehalten wird. Sonst unbedeckt, verbringen sie ganze Tage am Herdfeuer. Nur sehr Wohlhabende haben zudem noch ein Kleid, das aber nicht, wie bei den Sarmatern und Parthern weit herabfliesst, sondern eng anliegt und jedes Glied hervortreten laesst. Man traegt auch Pelze, naechst den Stromgrenzen ziemlich achtlos; weiter im Innern wenden sie besondere Sorgfalt daran, weil ihnen kein Handel anderen Putz bringt. Sie waehlen unter dem Wild und verbraemen die abgezogenen Huellen mit dem gefleckten Fell von Tieren, die am Nordmeer und an unbekannten Gestaden daheim sind. Frauen tragen sich nicht anders als Maenner; nur gehen sie gewoehnlich in Linnengewaender gehuellt, die mit roten Saeumen verziert sind. Ihre Kleidung laeuft oben nicht in Aermel aus; Schultern und Arme sind bloss, aber auch ein Teil der Brust bleibt unverhuellt. _18_ Doch ihre Ehesitten sind streng und in ihrer ganzen Lebensfuehrung wohl am meisten zu loben. Denn fast allein bei diesem Barbarenvolk begnuegt sich jeder mit einer Frau, von ganz wenigen Maennern abgesehen, die nicht ihre Lust befriedigen wollen, sondern wegen ihrer hohen Stellung mehrfach umworben werden. Eine Mitgift bringt nicht die Frau dem Manne, sondern der Mann der Frau. Dazu finden sich Eltern und Verwandte ein und pruefen die Geschenke. Geschenke aber, die nicht als Weibertand noch zum Schmuck fuer die Neuvermaehlte dienen sollen; sondern Rinder und ein aufgezaeumtes Ross und ein Schild samt Frame und Schwert. Auf diese Geschenke hin nimmt der Mann die Frau entgegen, und dafuer bringt sie selber dem Mann auch ein Rueststueck zu: dies gilt ihnen als das staerkste Band, dies als geheime Weihe, dies als Segen der Ehegoetter. Auf dass sich das Weib nicht fremd in einer Welt von Maennergedanken und wechselndem Kriegsglueck erachte, wird es schon am feierlichen Beginn der Ehe ermahnt, dass es als Gefaehrtin in Muehsal und Gefahr gekommen sei, bestimmt im Frieden wie im Kriege mit zu dulden und mit zu wagen: also verkuenden das Rindergespann, das geruestete Ross, die dargereichten Waffen. So muesse sie leben, so in den Tod gehen; was sie empfange, solle sie unentweiht und in Ehren ihren Soehnen wiedergeben, dass es dann die Schwiegertoechter uebernaehmen und noch die Enkel erbten. _19_ So leben die Frauen, von ihrer Keuschheit umhegt, nicht verderbt von den Lockungen des Schauspiels noch von den Reizungen der Gelage; und von geheimen Briefschaften weiss weder Mann noch Weib. Hoechst selten kommt es in dem so zahlreichen Volk zu Ehebruch; und dann folgt die Strafe unmittelbar und ist dem Mann ueberlassen. Mit abgeschnittenem Haar, entbloesst, vor den Augen der Verwandten jagt er das Weib aus dem Hause und peitscht sie mit Ruten durchs ganze Dorf. Und fuer preisgegebene Keuschheit gibt es keine Verzeihung: nicht Schoenheit, nicht Jugend, nicht reiche Habe koennte ihr einen Mann gewinnen. Denn dort lacht niemand ueber das Laster, und Verfuehren und Sichverfuehrenlassen heisst nicht "der Geist der Zeit". Besser steht es gewiss noch um Voelkerschaften, bei denen nur Jungfrauen heiraten und mit der Hoffnung und dem Geluebde der Ehefrau einmal fuer immer abschliessen. So erhalten sie einen Mann, wie sie einen Leib und ein Leben erhalten haben, auf dass sich kein Gedanke darueber hinaus, kein Begehren weiter verirre, dass sie gleichsam nicht den Ehegemahl, sondern die Ehe selber lieben. Die Zahl der Kinder zu beschraenken oder ein nachgeborenes zu toeten, gilt als verruchte Tat; mehr vermoegen dort gute Sitten als anderswo gute Gesetze. _20_ In jedem Hause waechst, nackt und ungepflegt, die Jugend zu dieser Groesse, zu diesem Wuchs heran, ueber den wir staunen. Jedem Kind gibt die eigene Mutter die Brust, und es wird nicht Maegden und Ammen ueberlassen. Freie scheidet von Unfreien keinerlei feinere Erziehung: die einen wie die anderen treiben sich mit den Tieren auf dem Boden herum, bis das Alter die Freigeborenen scheidet und ihr Adel sie kenntlich macht. Spaet erfahren junge Maenner die Lust; daher ihre unerschoepfte Kraft. Auch die Maedchen werden nicht gedraengt; in gleicher Jugend, von aehnlicher Gestalt, ebenbuertig an Kraft und Gesundheit, geben sie sich dem Gemahl, und von der Staerke der Eltern zeugen die Kinder. Schwestersoehne sind dem Oheim nicht minder wert als dem Vater. Etliche halten dieses Blutsverhaeltnis noch fuer heiliger und enger und fordern, wenn sie Geiseln nehmen, besonders solche Kinder, als haetten sie damit das Gewissen staerker und die Familie in weiterem Kreise verpflichtet. Erben aber und Nachfolger sind jedem die eigenen Kinder, und es gibt kein Testament. Fehlt es an Kindern, so folgen im naechsten Glied die Brueder, Vaeter- und Muetterbrueder. Je mehr Blutsverwandte, je weiter die Verschwaegerung, desto freundlicher das Leben im Alter; Kinderlosigkeit hat keine Lockungen. _21_ Der Erbe muss auch die Fehden des Vaters oder eines Blutsverwandten uebernehmen, gleichwie die Freundschaften. Aber sie dauern nicht unversoehnlich fort: suehnt man doch selbst den Totschlag durch eine bestimmte Anzahl von Gross- und Kleinvieh, und das ganze Haus nimmt die Genugtuung an; das kommt dem Gemeinwesen zugute, denn bei solcher Ungebundenheit sind Einzelfehden besonders gefaehrlich. Fuer Gelage und Bewirtungen zeigt kein anderes Volk so hemmungslose Neigung. Irgendeinen Menschen, wer es auch sei, vom Hause zu weisen, gilt als Frevel; je nach Vermoegen ruestet jeder dem Fremden das Mahl. Wenn das Seine verzehrt ist, weist der Gastgeber den Weg zu einem anderen Gastfreund und gibt dahin das Geleit. So treten sie ungeladen ins naechste Haus. Da liegt nichts dran; mit gleicher Freundlichkeit werden sie aufgenommen. Bekannt oder unbekannt: im Gastrecht unterscheidet man nicht. Beim Abschied gehoert es sich, dem Gaste zu bewilligen, was er sich etwa ausbittet, und eine Gegenbitte wird ebenso unbefangen gestellt. Die Geschenke machen ihnen Freude; aber was sie geben, rechnen sie nicht an, und was sie empfangen, schafft keine Verpflichtung. Wohlwollen nur kettet Gastfreund an Gastfreund. _22_ Gleich vom Schlaf weg (den sie meist bis in den Tag hinein ausdehnen) baden sie, oefters warm, weil es bei ihnen die laengste Zeit Winter ist. Auf das Bad folgt ein Imbiss; jeder hat seinen besonderen Sitzplatz und seinen eigenen Tisch. Dann gehen sie an ihre Geschaefte oder auch, nicht minder haeufig, zum Gelage, immer in Waffen. Tag und Nacht durchzuzechen, bringt keinem Schande. Haeufig gibts, wenn sie da trunken sind, Streit, und der bleibt selten bei Worten, sondern endet recht oft mit Wunden und Totschlag. Aber auch die Versoehnung des Feindes mit dem Feind, neue Schwaegerschaft, Anschluss an Fuersten und sogar Krieg und Frieden wird gewoehnlich beim Trinkgelage beraten, als ob zu keiner anderen Zeit der Sinn unbeeinflusster Ueberlegung besser zugaenglich waere oder leichter entflammt fuer grosse Gedanken. Ein Volk ohne Arg und Falsch, eroeffnet es noch die Geheimnisse seiner Brust bei ungezwungenen Scherzen. Haben nun alle ihre Meinung ohne Rueckhalt aufgedeckt, so wird sie am naechsten Tag noch einmal geprueft, und jeder Zeit widerfaehrt ihr Recht: sie beraten, wenn sie keiner Verstellung faehig sind, beschliessen, wenn sie nicht irren koennen. _23_ Ihr Getraenk ist ein Saft aus Gerste oder Weizen, zu einer Art von Wein vergoren. An der Ufergrenze erhandeln sie auch Wein. Die Kost ist einfach, wilde Fruechte, frisches Wildbret, geronnene Milch. Ohne Aufwand, ohne Wuerzen stillen sie gerade ihren Hunger. Gegen den Durst haben sie nicht die gleiche Maessigkeit. Wer hier ihrem Hang Vorschub leistete und ihnen zu trinken verschaffte, so viel sie begehren, der koennte sie einmal durch ihre Ausschweifung fast leichter als mit bewaffneter Hand ueberwinden. _24_ Es gibt nur eine Art von Schauspiel, und die ist bei jedem Feste gleich. Nackte Juenglinge, die es zum Vergnuegen tun, schwingen sich im Tanz zwischen Schwertern und drohenden Framen. Uebung hat sie gewandt gemacht, Gewandtheit anmutig; doch suchen sie nicht Erwerb und Lohn: ihres so verwegenen Spieles Preis ist die Freude der Zuschauer. Aber merkwuerdig sind sie beim Wuerfeln, treiben es nuechtern, wie ein ernstes Geschaeft, und mit so toller Leidenschaft bei Gewinn und Verlust, dass sie, wenn alles hin ist, im letzten entscheidenden Wurf Freiheit und Leben setzen. Und wer verliert, wird freiwillig Sklave; sei er auch juenger und staerker, er laesst sich geduldig binden und verkaufen. Das ist ihr Starrsinn noch am verkehrten Ende: sie aber nennen es Treue. Sklaven dieser Art uebergeben sie dem Handel, um auch selbst der Beschaemung ueber den Gewinn ledig zu werden. _25_ Ihre andern Sklaven stellen sie, anders als wir, nicht zu genau verteiltem Gesindedienst an; sondern jeder schaltet auf eigenem Anwesen, am eigenen Herd. Der Herr legt ihm nur eine bestimmte Leistung an Getreide, Vieh oder Zeug auf, wie wir unseren Paechtern, und nur so weit geht die Pflicht des Hoerigen. Sonst besorgen die Geschaefte des Herrenhauses die Frau und die Kinder. Dass der Sklave gepeitscht, gefesselt und mit Zwangsarbeit gestraft wird, ist selten. Eher noch schlaegt der Herr einen tot, nicht zur Strafe oder aus Strenge, sondern im aufwallenden Jaehzorn: wie einen Feind, nur dass es hier ungesuehnt bleibt. Die Freigelassenen stehen nicht viel hoeher als Sklaven. Selten haben sie einigen Einfluss im Haus, nie in der Gemeinde, ausgenommen bei den Staemmen, die Koenigen botmaessig sind. Dort naemlich steigen sie wohl ueber die Freigeborenen und selbst ueber Adelige empor. Bei den anderen zeugt die Unebenbuertigkeit der Freigelassenen fuer die Freiheit des Volkes. _26_ Geld auf Zins zu verleihen und Wucher zu treiben, ist ihnen unbekannt und darum besser verhuetet, als wenn es verboten waere. Ackerland wird, entsprechend der Zahl derer, die es anbauen wollen, von der Gesamtheit, immer in neuem Ausmass besetzt und dann jedesmal unter die einzelnen nach ihrem Range aufgeteilt. Die Groesse der Gefilde macht solche Teilung leicht. Mit der Anbauflaeche wechseln sie Jahr fuer Jahr, und noch immer bleibt Ackerland brach. Denn ihre Arbeit wetteifert nicht mit der Fruchtbarkeit und der Ausdehnung ihres Bodens, so etwa, dass sie Obstgaerten anlegen, Wiesen ausscheiden, Gaerten bewaessern wuerden; einzig Getreide fordern sie der Erde ab. Und so teilen sie auch das Jahr nicht in unsere vier Zeiten; nur fuer Winter, Fruehling und Sommer haben sie den Begriff und die Worte; vom Herbst kennen sie weder Namen noch Gaben. _27_ Leichenbegaengnisse wollen nicht prunken: nur darauf wird geachtet, dass man die Reste bedeutender Maenner mit Holz von bestimmten Arten verbrenne. Auf den Holzstoss haeufen sie nicht Teppiche noch Raeucherwerk; immer werden die Waffen, zuweilen auch das Streitross ins Feuer mitgegeben. Ein Rasenhuegel bildet das Grab. Ragender Denkmaeler kunstreiche Pracht verschmaehen sie, als drueckend fuer die Verstorbenen. Von Klagen und Traenen lassen sie bald, von Schmerz und Wehmut lange nicht. Frauen ziemt Trauer, Maennern Erinnerung. So viel habe ich allgemein ueber Herkunft und Sitten des ganzen Germanenvolkes erfahren. Nun will ich die Unterschiede in den Einrichtungen und Braeuchen der einzelnen Staemme und die Einwanderungen aus Germanien ins gallische Land eroertern. _28_ Dass Galliens Macht vorzeiten groesser war, meldet der beste Gewaehrsmann, der erlauchte Julius [Caesar]; und so darf man wohl glauben, dass auch Gallier nach Germanien hinuebergedrungen sind. Denn welch geringes Hindernis bot nicht ein Strom, wenn eines der Voelker, eben im Gefuehl seiner Macht, her- und hinueber zog und da blieb, wo das Land noch frei und zu keinem Bereich abgegrenzt war? So haben denn in dem Land zwischen Herzynischem Wald und Rhein- und Mainstrom die Helvetier, weiter hinaus die Bojer gewohnt, beides gallische Staemme. Noch lebt der Name _Boihaemum_ und gemahnt an die Vorgeschichte des Landes, obschon seine Siedler gewechselt haben. Ob aber die Aravisker nach Pannonien von den Osen her, aus germanischem Gebiet, oder die Osen aus dem Land der Aravisker nach Germanien eingewandert sind, das ist nicht zu entscheiden (beide haben noch heute gleiche Sprache, gleiche Satzung und Braeuche): denn die naemliche Armut und Freiheit bot einst an beiden Ufern des Grenzstromes genau so viel Vorteil wie Nachteil. Treverer und Nervier behaupten sogar mit eifersuechtigem Stolz ihre germanische Abkunft, als wuerde solcher Adel des Blutes eine Aehnlichkeit mit den erschlafften Galliern aufheben. Am Rheinufer selbst wohnen unzweifelhaft germanische Voelker, Vangionen, Triboker, Nemeter. Ja selbst die Ubier, die doch fuer ihre Verdienste das Recht der roemischen Kolonien erhielten und sich lieber nach ihrer Stifterin Agrippiner nennen hoeren, schaemen sich ihres germanischen Ursprungs nicht. Sie waren schon vorzeiten heruebergekommen und wurden dann zum Lohn bewaehrter Treue gerade am Rheinufer angesiedelt, aber als Grenzwaechter, nicht als Bewachte. _29_ An Tapferkeit ueberragen die Bataver alle diese Staemme. Sie bewohnen nur einen kleinen Strich am Ufer, aber das ganze Inselland des Rheins und waren einst ein Teil des Chattenvolkes, der sich bei einem Zwist von der Heimat loeste und in diese Gegenden hinueberzog; dort sollten sie dem Roemerreiche einverleibt werden. Die Ehre und die Auszeichnung alter Bundesfreundschaft ist ihnen geblieben: kein Tribut entwuerdigt sie, kein Steuerpaechter saugt sie aus; frei von Lasten und Abgaben, nur dem Dienst im Kriege vorbehalten, werden sie wie Wehr und Waffen fuer den Kampf aufgespart. In gleicher Abhaengigkeit steht auch das Volk der Mattiaker; hat doch das maechtige Roemertum ueber den Rhein und ueber die alten Grenzen hinaus sein Weltreich Ehrfurcht gebietend erweitert. So sitzen sie, in eigener Gemarkung, auf ihrem Uferland; Gesinnung und Neigung haelt sie bei uns. Sonst ganz wie die Bataver; nur dass ihnen noch der Boden und Himmel der Heimat helleren Mut weckt. Nicht unter die germanischen Voelker moechte ich, wiewohl sie jenseits von Rhein und Donau ansaessig sind, jene zaehlen, die das Zehntland bebauen: gallisches Lumpenpack, aus Not verwegen, hat sich sein Stueck von dem Boden ungewisser Besitzer genommen. Dann ist der Grenzwall angelegt, sind Festungen vorgeschoben worden, und so bildet das Gebiet ein Vorland des Reichs und einen Teil der Provinz. _30_ Weiter hinaus wohnen die Chatten. Ihr Reich beginnt am Herzynischen Wald, nicht so eben und sumpfig wie die anderen Gebiete im weiten germanischen Flachland; immer wieder erheben sich Huegel und werden nur maehlich spaerlicher: so geleitet der Herzynische Wald seine Chatten und setzt sie dann ab zu Tal. Es ist ein harter Volksschlag von gedrungenem Gliederbau, trotzigen Mienen und besonders lebhaftem Geist. Fuer Germanen zeigen sie viel Verstand und Gewandtheit. Sie wissen ihre Fuehrer zu waehlen, auf das Wort der Obern zu hoeren, Reih und Glied zu wahren, den Augenblick zu erspaehen, mit dem Angriff zurueckzuhalten, ihren Tag einzuteilen und sich fuer die Nacht zu sichern; und haben gelernt, nicht dem ungewissen Glueck, sondern erprobter Tapferkeit zu vertrauen. Und, was sonst sehr selten und nur einer strengen Zucht eigen ist: die Fuehrung gilt ihnen mehr als die Truppe. Ihre ganze Staerke liegt im Fussvolk, dem sie ausser den Waffen auch Schanzzeug und Vorraete mitgeben. Andere Voelker ziehen in die Schlacht, die Chatten in einen vorbereiteten Krieg; selten kommt es zu Streifzuegen und planlosem Gefecht. Und wirklich taugt es mehr fuer Reiterkraefte, rasch einen Sieg zu gewinnen, rasch zu entweichen. Aber Hast steht der Furcht gar nah, Bedachtsamkeit dem besonnenen Mute. _31_ Was sich auch bei anderen germanischen Voelkern als Ausdruck vereinzelten Wagemuts findet, ist bei den Chatten allgemeiner Gebrauch geworden; sobald sie mannbar sind, lassen sie Bart und Haupthaar frei wachsen und tragen sich nicht anders, solange sie nicht einen Feind getoetet haben; das ist ihr Geluebde, gleichsam ein Pfand ihrer Tapferkeit. Erst an der blutigen Beute enthuellen sie wieder die Stirn; dann erst glauben sie den Preis fuer ihr Dasein gezahlt und ihr Vaterland und ihre Vaeter verdient zu haben. Feigen und Kriegsscheuen bleibt der entstellende Haarwust. Ein rechter Held traegt obendrein noch einen eisernen Ring (diesem Volk sonst ein Zeichen der Schmach) wie eine Fessel und loest sie sich erst, wenn er einen Feind erschlagen hat. Sehr viel Chatten gefallen sich in solchem Aufzug und sind darin grau geworden, beruehmt und Feinden wie Freunden bekannt. Diese sinds, die jeden Kampf eroeffnen; sie bilden die erste Reihe, ein ueberwaeltigender Anblick; denn auch im Frieden ist ihr Aussehen nicht milder geworden. Keiner von ihnen hat Haus oder Land oder sonst eine Arbeit; wo er auch einkehrt, findet er Unterhalt und schwelgt in fremdem Gut, unbekuemmert um eigenes, bis dann schliesslich das blutlose Alter zu so harter Tugend unfaehig macht. _32_ Den Chatten zunaechst wohnen am Rheinstrom, der dort schon seinen festen Lauf hat und Grenzwehr zu sein vermag, die Usipier und Tenkterer. Die Tenkterer zeichnen sich ausser durch den gewohnten Kriegsruhm durch ihre trefflich geuebte Reiterei aus; und dem Fussvolk der Chatten gebuehrt kein groesseres Lob als den Reitern der Tenkterer. Das haben sie von den Vaetern her, und die Nachfahren bleiben nicht zurueck. Reiten ist das Spiel der Kinder, Maenner ueben es um die Wette, Greise lassen nicht nach. Neben Gesinde und Gehoeft und den Rechten der Nachfolge werden die Pferde vererbt: doch erhaelt sie nicht, wie das uebrige Gut, der aelteste Sohn, sondern der streitbarste, der bessere Kaempe. _33_ Neben den Tenkterern traf man frueher die Brukterer. Jetzt sollen da Chamaver und Angrivarier eingewandert sein. Die Brukterer wurden durch einen Zusammenschluss der Nachbarvoelker geschlagen und ganz vernichtet, sei es aus Hass gegen ihre Ueberhebung oder wegen der lockenden Beute, oder weil uns etwa die Goetter gnaedig waren; denn sie goennten uns sogar, dem Schauspiel des Schlachtens zuzusehen: ueber sechzigtausend sind nicht der Roemer Wehr und Waffen, sondern, was weit herrlicher ist, uns zur Freude und Augenweide erlegen. Bliebe nur, dies mein Gebet, dauernd all diesen Voelkern, wenn schon nicht Liebe zu uns, so doch wenigstens ihr Hass gegeneinander; denn nichts Groesseres kann uns in des Reiches draengendem Verhaengnis das Schicksal gewaehren als unserer Feinde Zwietracht. _34_ An die Angrivarier und Chamaver schliessen sich im Ruecken Dulgubiner und Chasuarier an und andere nicht sonderlich haeufig genannte Voelker. Vorne nehmen die Friesen die Reihe auf. Sie heissen Gross- und Kleinfriesen nach dem Mass ihrer Kraefte. Beide Staemme begrenzt bis ans Meer der Rhein; auch wohnen sie rings um gewaltige Seen, in die auch schon roemische Flotten drangen. Ja, selbst ins Nordmeer haben wir uns dort gewagt. Und es ist die Sage verbreitet, dass da noch Saeulen des Herkules stehen: sei es, dass Herkules wirklich hinkam oder dass wir alles Grossartige, wo sichs auch finde, auf seinen Ruhm zurueckzufuehren gewohnt sind. An Kuehnheit hat es dem Drusus Germanicus auch nicht gefehlt; doch das Meer liess sich, liess die Spuren des Herkules nicht erforschen. Seither hat es niemand versucht; es schien froemmer und ehrfuerchtiger, an die Taten der Goetter zu glauben, als um sie zu wissen. _35_ So weit gegen Westen hin kennen wir Germanien. Gegen Norden tritt es in ungeheurem Bogen zurueck. Gleich zuerst findet sich hier das Volk der Chauken; obwohl es schon naechst den Friesen beginnt und noch einen Teil der Kueste innehat, zieht es sich auch in der Flanke aller hier beschriebenen Staemme hin und reicht zuletzt im Bogen bis zu den Chatten. Und diese gewaltige Laendermasse haben die Chauken nicht nur in ihrem Besitz, sondern sie fuellen sie auch aus; ein Volk, das unter den Germanen in hoechstem Ansehen steht und es dabei vorzieht, seine Macht auf Gerechtigkeit zu stuetzen. Ohne Habgier, ohne unbaendige Herrschsucht leben sie ruhig fuer sich und reizen keinen zum Kriege, verwuesten sie, rauben und pluendern keinem sein Gut. Es ist das hoechste Zeugnis fuer ihre Tapferkeit und Staerke, dass sie ihre ueberlegene Macht keinem Uebergriff danken. Doch haben sie alle rasch die Waffen bereit, und wenn es die Not erfordert, ein Heer: Rosse und Mannen in reicher Zahl. Auch wenn sie Ruhe halten, bleibt ihnen ihr Ruf. _36_ Zur Seite der Chauken und Chatten haben die Cherusker lange unangefochten einen allzu tiefen, erschlaffenden Frieden gehalten. Das brachte ihnen mehr Behagen als Sicherheit, da es verkehrt ist, zwischen unbaendigen, maechtigen Nachbarn ruhig zu bleiben. Wo Faustrecht gilt, darf sich nur der Ueberlegene friedlich und redlich nennen. So heissen die Cherusker, einst als die Wackeren, Gerechten bekannt, jetzt Weichlinge und Toren; den siegreichen Chatten wurde ihr Glueck als Weisheit gedeutet. Mitgerissen vom Sturz der Cherusker wurden auch die Fosen, ihr Nachbarvolk. Im Glueck die Geringeren, sind sie nun rechte Gefaehrten des Missgeschicks. _37_ In der gleichen Ausbuchtung des Germanenlandes, naechst dem Nordmeer, sitzen die Kimbern, jetzt nur ein kleiner Stamm, doch von gewaltigem Ruhm. Von ihrem alten Ruf sind viele Spuren erhalten: an beiden Ufern Waelle und Lagerraeume, deren Umfang noch heute fuer die Menge des Heeres und Volks und fuer die so maechtige Wanderung Zeugnis gibt. Sechshundertvierzig Jahre stand unsere Stadt, als uns zuerst die Waffen der Kimbern erdroehnten; unter den Konsuln Caecilius Metellus und Papirius Carbo. Zaehlt man von da bis zum zweiten Konsulat des Imperators Trajan, so sind das etwa zweihundertundzehn Jahre; so lange wird nun Germanien besiegt. Und im Lauf dieser langen Zeit hueben und drueben vielfach Verluste! Nicht der Samnite, nicht die Punier, nicht Hispanien und Gallien, ja auch die Parther nicht haben oefter zu schaffen gegeben: aerger denn eines Arsaces Tyrannei droht der Germanen Freiheit. Was koennte uns sonst der Osten vorhalten als den erschlagenen Crassus, fuer den er doch selbst, von einem Ventidius niedergeworfen, den Pacorus hingeben musste! Germanen aber haben den Carbo und Lucius Cassius, den Scaurus Aurelius, den Servilius Caepio und Gnaeus Mallius geschlagen oder gefangen, also fuenf konsularische Heere dem roemischen Volke, und den Varus und mit ihm drei Legionen selbst dem Caesar geraubt; und nicht ohne Einbussen hat sie C. Marius in Italien, der erlauchte Julius in Gallien, Drusus, Nero, Germanicus in ihrem eigenen Land geschlagen. Hernach sind die gewaltigen Ruestungen des C. Caesar laecherlich ausgegangen. Seitdem war Ruhe, bis dass sie, die Gelegenheit unseres Zwistes und Buergerkrieges wahrnehmend, die Winterlager der Legionen stuermten und sogar Gallien bedrohten. Da wurden sie wieder abgeschlagen; aber die letzte Zeit hat ueber sie mehr triumphiert als gesiegt. _38_ Nunmehr spreche ich von den Sueben. Sie bilden nicht, wie Chatten und Tenkterer, ein einheitliches Volk, sondern haben den groesseren Teil Germaniens inne und zerfallen zudem noch in besondere Voelkerschaften mit eigenem Namen, wiewohl sie insgemein Sueben heissen. Ein Stammeszeichen bildet das seitwaerts gekaemmte, in einen Knoten geschlungene Haar: dadurch unterscheiden sich die Sueben von den uebrigen Germanen und die suebischen Freien von ihren Knechten. Dergleichen kommt auch bei anderen Staemmen vor, vielleicht auf Grund einer Verwandtschaft mit den Sueben, vielleicht, wie das ja oft geschieht, als Nachahmung, ist jedoch selten und bleibt auf die Jugend beschraenkt. Bei den Sueben aber streichen sie noch, wenn sie grau sind, das widerstrebende Haar zurueck und binden es, oft gerade ueber dem Scheitel, zusammen; Vornehme tragen es noch kunstvoller hergerichtet. Das ist nun wohl Putz, aber ein unschuldiger; denn nicht um Liebe und Gegenliebe geht es ihnen, sondern mit solcher Sorgfalt schmuecken sie sich, zu Kriegern bestimmt, um groesser und schrecklicher auszusehn in den Augen der Feinde. _39_ Fuer die Aeltesten und Edelsten unter den Sueben geben sich die Semnonen aus; der Glaube an ihr hohes Alter wird durch heilige Braeuche gestuetzt. Zu bestimmten Zeiten sind in einem Walde, den Zeichen aus Vaetertagen und Schauer der Vorzeit weihten, alle Voelker vom gleichen Blut durch Abordnungen vertreten, und ein feierliches Menschenopfer der Gemeinschaft eroeffnet des barbarischen Dienstes entsetzliche Stiftung. Noch eine andere Verehrung gilt dem Hain: keiner darf ihn anders als in Fesseln betreten, gleichsam als Untertan, und um von der Macht des Gottes zu zeugen. Faellt einer zu Boden, so darf er sich nicht erheben noch aufrichten lassen, sondern muss sich auf der Erde hinauswaelzen. Das ganze Treiben deutet darauf, dass dort die Wiege des Volkes sei, dort der allbeherrschende Gott, und alles andere untergeordnet und abhaengig. Bestaerkt wird diese Meinung durch das Gedeihen der Semnonen: in hundert Gauen wohnen sie, und bei solcher Groesse ihrer Koerperschaft halten sie sich fuer das Haupt der suebischen Voelker. _40_ Dafuer ehrt die Langobarden ihre geringe Zahl. Von sehr vielen maechtigen Voelkern eingeschlossen, haben sie sich nicht durch Unterwuerfigkeit, sondern in Kampf und Wagnis gesichert. Es folgen Reudigner, Avionen, Angeln, Variner, Eudosen, Suardonen und Nuithoner, alle durch Fluesse oder Waelder geschuetzt. Zu den einzelnen ist sonst nichts zu bemerken; gemeinsam verehren sie die Nerthus, das ist die Mutter Erde; diese, so meinen sie, mische sich in das Treiben der Menschen und komme von Volk zu Volk gefahren. Es ruht auf einer Insel im Nordmeer ein heiliger Hain; darin steht ein geweihter Wagen, mit einer Huelle bedeckt, und nur der Priester darf ihn beruehren. Er merkt die Gegenwart der Goettin im Heiligtum und geleitet ehrfuerchtig ihren mit Kuehen bespannten Wagen. Dann sind die Tage froh und festlich die Staetten, wo die Goettin einzuziehen und gastlich zu weilen geruht. Niemand geht in den Krieg, niemand greift zu den Waffen; verschlossen ist jegliches Eisen: es ist die einzige Zeit, da sie Ruhe und Frieden kennen, die einzige, da sie ihn lieben. Bis der Priester dann wieder die Goettin, des Umgangs mit sterblichen Menschen ersaettigt, in ihren heiligen Bezirk zurueckbringt. Dann wird der Wagen, seine Umhuellung und - wenn man es glauben darf - die Goettin selbst in einem unzugaenglichen See genetzt. Sklaven helfen beim Dienst, die alsbald der naemliche See verschlingt. Daher das geheime Grauen und das heilige Dunkel um etwas, was nur Todgeweihte erschauen. _41_ Und dieser Teil der Sueben zieht sich bis in ziemlich entlegene Laender Germaniens hin. Naeher - um, wie noch zuvor dem Rhein, so jetzt der Donau zu folgen - haust das Volk der Hermunduren, den Roemern ergeben. Darum ist ihnen allein von allen Germanen der Verkehr nicht nur an der Ufergrenze, sondern auch tief ins Reich hinein und selbst in der glaenzendsten Kolonie der raetischen Provinz erlaubt. Wo sie wollen, kommen sie ohne Aufsicht herueber, und waehrend wir den uebrigen Staemmen nur unsere Waffen und Lagerplaetze zeigen, haben wir diesen ohne ihr Begehren unsere Haeuser und Landsitze geoeffnet. Im Lande der Hermunduren entspringt die Elbe, einst ein vielgeruehmter, bekannter Strom; jetzt hoert man nur eben von ihm. _42_ Naechst den Hermunduren wohnen die Varisten und weiter hin die Markomannen und Quaden. Hoch ragen die Markomannen an Ruhm und Kraft hervor; auch ihr Land danken sie der eigenen Tapferkeit, die einst die Bojer vertrieb. Doch schlagen auch Varisten und Quaden nicht aus der Art; und dies ist gleichsam die Stirnwehr Germaniens entlang der Donau. Markomannen und Quaden haben noch bis auf unsere Zeit Koenige vom heimischen Stamm behalten, des Marbod und Tudrus edles Geschlecht. Jetzt fuegen sie sich auch Fremden; aber Macht und Gewalt kommt ihren Koenigen vom roemischen Ansehen. Selten werden sie von unseren Waffen, oefter durch Geld unterstuetzt; es tut ihnen nicht Eintrag. _43_ Noch weiter ab von uns schliessen sich Marsigner, Kotiner, Osen und Burier im Ruecken an die Markomannen und Quaden. Von diesen erinnern Marsigner und Burier in Rede und Sitte an suebische Abkunft; die Kotiner verraten durch ihre gallische, die Osen durch ihre pannonische Sprache, dass sie keine Germanen sind, wie auch durch die Abgaben, die sie ertragen. Einen Teil davon haben ihnen die Sarmater, einen anderen - als einem Fremdvolk - die Quaden auferlegt: dabei foerdern die Kotiner, und das mehrt ihre Schmach, noch obendrein Eisen! Alle diese Voelker aber halten wenig Flachland besetzt, meist Hochwald, Gipfel und Hoehenzuege. Denn mitten durch Suebien zieht als Scheidewand ein Gebirg in geschlossener Kette; und auf der anderen Seite wohnen sehr viele Voelker, von denen namentlich die Lygier, mehrere Staemme umfassend, weithin verbreitet sind. Es genuegt, die bedeutendsten zu nennen, die Harier, Helvekonen, Manimer, Helisier und Nahanarvaler. Bei den Nahanarvalern weist man einen uralt-heiligen Hain. Darin waltet ein Priester in Frauentracht; aber die Goetter, die sie nennen, sind nach roemischer Deutung Kastor und Pollux. Dies die Bedeutung der Gottheit; ihr Name ist "Alken". Es gibt von ihnen kein Bild, keine Spur fuehrt zu fremden Braeuchen; aber als Brueder werden sie und als Juenglinge verehrt. Die grimmen Harier helfen, obzwar den zuvor aufgezaehlten Voelkern ohnehin ueberlegen, dem Eindruck ihrer an sich schon wilden Erscheinung zudem durch wohlbedachte Kuenste nach. Sie schwaerzen die Schilde und ueberfaerben sich den Koerper; finstere Naechte waehlen sie zum Kampf. So jagen schon die gespenstischen Schreckgestalten eines Totenheeres Grausen ein, und kein Feind widersteht dem unerhoerten, gleichsam hoellischen Anblick; denn zuerst erliegen bei jedem Anprall die Augen. Jenseits der Lygier sitzen die Goten, von Koenigen, und etwas straffer als andere Germanenstaemme, geleitet, doch nicht so, dass ihre Freiheit bedroht waere. Dann dicht daran, gegen das Meer, die Rugier und Lemovier. All dieser Voelker Merkmal ist, dass sie runde Schilde und kurze Schwerter haben und Koenigen gehorchen. _44_ Folgen die Staemme der Suionen, mitten im Ozean, reich an Mannen und Waffen und auch zur See gewaltig. Sie haben Schiffe von besonderer Gestalt, derart, dass jedes Ende Vorderteil sein kann und immer zum Landen bereit ist. Auch bedienen sie keine Segel und fuegen die Ruder nicht reihenweise an beide Seiten, sondern brauchen sie lose, wie auf manchen Fluessen, und setzen sie, je nach Bedarf, bald rechts, bald links ein. Bei diesem Volk steht auch der Reichtum in Ehren, und so beherrscht es ein einziger, gegen den schon kein Einspruch mehr statthat, kraft unwiderruflichen Rechts auf Gehorsam. Auch werden die Waffen nicht, wie bei den anderen Germanen, jedem zum Gebrauch freigegeben, sondern ein Waechter haelt sie verschlossen; es ist ein Sklave. Denn da wehrt einem unerwarteten Einbruch der Feinde das Meer; und Waffen in muessigen Haenden fuehren gar leicht zum Missbrauch. Einen Adeligen allerdings oder Freien, ja auch nur einen Freigelassenen als Waffenhueter zu bestellen, waere dem Koenig kein Vorteil. _45_ Jenseits der Suionen liegt ein anderes Meer, starr und fast unbewegt. Dass es den Erdkreis abguertet und schliesst, darf man wohl glauben, weil sich dort der letzte Glanz der sinkenden Sonne bis zum Aufgang erhaelt, so hell, dass davor die Sterne verblassen. Manche behaupten sogar, der aufsteigenden Sonne Klingen zu hoeren und ihr Rossegespann und ihr Strahlenhaupt zu erkennen. Damit sind wir, wenn die Sage recht hat, am Ende der Welt. Nun denn - rechts schlaegt das suebische Meer an die Kueste der Aestierstaemme. Diese haben die Braeuche und das Aussehen der Sueben, ihre Sprache steht der britannischen naeher. Sie verehren eine Goettermutter. Als Zeichen dieses Dienstes tragen sie Eberbilder bei sich: das ist Schutz und Schirm gegen alle Gefahr und behuetet den Glaeubigen auch im Feindesgewuehl. Selten haben sie Waffen von Eisen, oftmals Keulen. Korn und andere Fruechte bauen sie sorgfaeltiger, als sonst germanische Laessigkeit zugibt. Aber sie suchen auch im Meer und sind unter allen Voelkern die einzigen, die den Bernstein (sie nennen ihn _glesum_) an seichten Stellen und am Strande selbst sammeln. Doch haben sie, rechte Barbaren, sein Wesen und seine Entstehung weder bedacht noch erkundet. Ja, er lag lange umher wie anderer Auswurf des Meeres, und erst unsere Sucht nach Schmuck schuf ihm seinen Namen. Sie selber gebrauchen ihn nicht; sie sammeln die rohen Stuecke, bringen sie unbearbeitet zu Markt und wundern sich ueber den gezahlten Preis. Indes erkennt man ihn als Baumharz, weil haeufig kleine Landtiere, auch gefluegelte, durchschimmern, die sich in der fluessigen Masse fangen und, wenn sie dann hart wird, eingeschlossen bleiben. Wie in den fernen Laendern im Osten, wo die Baeume Weihrauch und Balsam ausschwitzen, moegen also wohl auch auf den Inseln und Kuesten des Westens merkwuerdig ergiebige Haine und Waelder sein: ihre Saefte werden von den Strahlen der nahen Sonne ausgepresst und rinnen noch fluessig den kurzen Weg hinab ins Meer; die Gewalt der Stuerme treibt dann das Harz hinueber ans andere Gestade. Prueft man den Stoff des Bernsteins im Feuer, so entzuendet er sich wie ein Kienspan und naehrt eine qualmende, riechende Flamme; dann verdickt er sich wieder zu einer Art Pech oder Harz. An die Suionen reihen sich die Staemme der Sitonen, sonst aehnlich und nur dadurch unterschieden, dass ein Weib sie beherrscht. So sehr ist bei ihnen nicht nur die Freiheit, sondern noch die Knechtschaft entartet. _46_ Hier endet denn Suebien. Ob ich nun die Staemme der Peuciner und der Veneter und Fennen zu den Germanen oder Sarmatern rechnen soll, weiss ich nicht recht. Die Peuciner zwar, von manchen auch Bastarner genannt, zeigen in Sprache und Sitte, nach Siedlung und Hausbau germanisches Wesen. Freilich sind sie alle ungepflegt und ihre Vornehmen traege; und Wechselheiraten haben auch schon zu sarmatischer Missgestalt gefuehrt. Die Veneter haben viel von sarmatischer Lebensweise angenommen: alles Wald- und Bergland, das sich zwischen Peucinern und Fennen erhebt, durchstreifen sie in raeuberischen Haufen. Doch zaehlt man sie eher noch als Germanen, weil sie feste Wohnungen haben, Schilde tragen und gern als schnelle, ruestige Fussgaenger auftreten; dies alles im Gegensatz zu den Sarmatern, die auf ihren Wagen und zu Pferde leben. Die Fennen sind ein erstaunlich wildes, abstossend armes Volk. Sie haben keine Waffen, keine Pferde, kein Heim; Kraeuter sind ihre Nahrung, Felle ihr Gewand, der Erdboden ihre Lagerstaette. Nur ihren Pfeilen vertrauen sie (denen sie, weil Eisen mangelt, beinerne Spitzen geben). Jagd muss gleicherweise Maenner wie Frauen ernaehren: diese ziehen ueberall mit und heischen ihren Teil von der Beute. Ihre Kinder haben keine andre Zuflucht vor Regen und wildem Getier als ein Schutzdach von verflochtenen Zweigen. Dahin kehren auch die Erwachsenen zurueck, dort bergen sich die Alten. Aber gluecklicher duenkt sie dieses Los, als hinter dem Pfluge zu keuchen, an Bauten zu frohnen und eignes und fremdes Gut ewig in Furcht und Hoffnung zu bedenken: unbekuemmert um Menschen, unbekuemmert um Goetter haben sie das Schwerste erreicht, selbst auf Wuensche verzichten zu koennen. Darueber hinaus beginnt das Reich der Fabel. So sollen Hellusier und Oxionen Menschenkoepfe und menschliches Antlitz haben, aber Leib und Glieder von Tieren. Das ist unverbuergt, und ich will es nicht weiter verfolgen. INHALT DER GERMANIA Allgemeiner Teil (1-27) _Das Land und seine Bewohner_ (1-5): Grenzen und Grenzstroeme (1) - Autochthone Abstammung und Stammsagen der Germanen (2) - Fruehe Besuche aus der Fremde? (3) - Koerperbau als weiterer Beweis der Autochthonie (4) - Natur und Erzeugnisse des Landes (5). _Leben und Sitten der Germanen_ (6-27): Waffen, Kriegswesen (6) - Koenige, Fuersten, Priester, Sippen, Frauen (7) - Frauen im Kampf, heilige Frauen (8) - Goetter (9) - Lose, Vorzeichen (10) - Ratsversammlung (11) - Versammlung als Gericht, Verbrechen und Strafen (12) - Wehrhaftmachung, Gefolge (13) - Gefolge im Krieg (14) - Fuersten und Gefolge im Frieden (15) - Das Leben des einzelnen: Wohnungen (16) - Kleidung (17) - Ehe (18) - Frauen und Kinder (19) - Erziehung, Verwandtschaft, Erbfolge (20) - Vererbte Rache, Gastfreundschaft (21) - Leben im Hause, Trinkgelage (22) - Getraenke, Speisen, Trunksucht (23) - Waffentaenze, Wuerfelspiel (24) - Sklaven (25) - Ackerbau (26) - Bestattung; Uebergang zum besonderen Teil (27). Besonderer Teil / Die einzelnen Voelkerschaften (28-46) _Grenzvoelker_ (28, 29): Fremde in Germanien: Helvetier und Bojer, Aravisker und Osen. Treverer und Nervier, angeblich Germanen, und reine Germanen in Gallien: Vangionen, Nemeter, Triboker, Ubier (28) - Germanen, die zu den Roemern halten: Bataver und Mattiaker; Zehntland (29). _West- und Nordwestgermanen_ (_Nicht-Sueben_, 30-37): Chatten (30, 31) - Usipier und Tenkterer (32) - Brukterer, Chamaver, Angrivarier (33) - Dulgubiner, Chasuarier, Friesen (34) - Chauken (35) - Cherusker (36) - Kimbern, Kimbern- und spaetere Germanenkriege (37). _Sueben_ (38-45): Ihre Haartracht (38) - Semnonen (39) - Langobarden und Nerthusvoelker (40) - Hermunduren (41) - Varisten, Markomannen und Quaden (42) - Ost- und Nordostgermanen (43, 44) - Ende der Welt, Aestier, Bernstein, Sitonen (45). _Mischvoelker im Osten_: Peuciner (Bastarner), Veneter, Fennen (wohl nicht mehr Germanen) und _Fabelreich_: Hellusier und Oxionen (46). ANMERKUNGEN DES UeBERSETZERS Was ist dieses Buch, gewoehnlich "Germania" genannt, das die Insel-Buecherei hiermit erneuert? Vielleicht eine Schilderung, vielleicht eine Schrift fuer den Tag und seinen Zweck; sicher ein Kunstwerk. Eine Schilderung, und als solche das aelteste Buch von den deutschen Landschaften und ihren Bewohnern, schon darum kostbar; aber auch, weil es so vieles weiss und bewahrt hat. Vor Tacitus haben wohl, und schon frueh, Griechen und Roemer ueber die Germanen berichtet. Pytheas aus Massilia kam im vierten vorchristlichen Jahrhundert auf einer Entdeckerfahrt bis zu der Insel "Thule" (Island?) und an die Kueste der Nordsee; die Nachrichten des Poseidonios stehen an der Wende des zweiten zum ersten; Strabon behandelt Germanien in einem Buche seiner Geographie. Die aeltesten roemischen Quellen sind spaerlich auf uns gekommen. Erst Caesars Kriege in Gallien und seine Aufzeichnungen darueber bringen groessere Klarheit; deutlich sondern sie, zum erstenmal, Germanen und Gallier. Was Tacitus bei Sallust und Livius (im 104. Buch seiner Roemischen Geschichte) finden konnte, ist laengst verloren; verloren auch ein Werk des Aufidius Bassus ueber die Germanenkriege und seine Fortsetzung durch den aelteren Plinius. Erhalten aber des Plinius _Historia naturalis_, die Geschichte des Velleius Paterculus und die Geographie des Pomponius Mela; auch die Reichskarte des Agrippa, soweit sie in der vom Mittelalter aufgezeichneten _Tabula Peutingeriana_ nachwirkt. Was vor ihm geschrieben wurde, wird Tacitus gekannt haben. Soldaten, Haendler, Beamte aus Germanien gaben ihm neue Kunde. So ist sein Buch der Wissenschaft unschaetzbar geworden, zumal da es immer mehr durch fortgesetzte Forschungen und besonders Grabungen bestaetigt wird. Aber auch jenseits von allem Wissen, auch dort, wo er irrt, ist uns Tacitus teuer als Mensch, als Mann, als Kuenstler. Und die Groesse seines Geistes und seiner Erscheinung mag sein Werk sicherer durch die Jahrhunderte getragen haben als der blosse Inhalt. Dennoch dankt man es wohl einem Beduerfnis des Tages. Es war im Jahre 98 nach Christi Geburt. Trajan, der neue Kaiser, weilte lange an den Grenzen Germaniens; in Rom fiel das auf. Da erschien die Schrift des Tacitus. Sie wollte zeigen, wer diese gefaehrlichsten Feinde Roms seien, und dass der Kaiser gut daran tue, viel Zeit an die Sicherung der Grenze zu wenden und an nichts anderes; dass es insbesondere falsch sei, ausser an den Schutz des Reiches noch an einen Angriff zu denken, den eine Kriegspartei erwog. Man darf annehmen, dass der Kaiser, dessen Hause Tacitus nahe stand, die Schrift billigte. Der Verfasser hat seinen Zweck freilich mit keinem Wort verraten. Dennoch spricht viel fuer diese Annahme des grossen Muellenhoff. Tacitus schildert nur - und schildert als Kuenstler. Der Plan des Ganzen ist wie jede Einzelheit, jedes Wort bedacht. Land, Eigenart, Abstammung, Leben des Volkes, dann, vom Naechsten und Bekannten ausgehend und sich immer mehr in "romantische" Ferne verlierend, seine einzelnen Staemme und Landschaften, bis er im Maerchen endet. Mit knappen, dunklen Worten, oft als Dichter, in rhythmischer Sprache, der manchmal fast Verse, einmal sogar (Kap. 39) ein rechter Hexameter, vielleicht wider Willen, geraet. Jeder Absatz ist durch das zugespitzte Ergebnis einer Betrachtung deutlich bezeichnet. Niemals siegen nuechterne Angaben ueber den beziehungsreichen Bildner des Werkes, ueber den Meister. Meister ist er auch als Mensch: ein Mann im altroemischen Sinn. Dabei verbittert und ergrimmt ueber seine feile, alle Freiheit erdrueckende Zeit, unter einer besseren Regierung eben wieder aufatmend und von jener Sehnsucht erfuellt, die dazumal die Geister bewegt, der Sehnsucht nach einer neuen Welt der Einfachheit und Wahrheit. Vielleicht bringen sie die Germanen herauf: darum schildert er dieses kuehne, furchtbare und lichte Volk fast wohlwollend, obwohl es Feinde und ueber kurz oder lang siegreiche Feinde sind. Denn das roemische Reich, dem er angehoert, steht vor dem Ende. Er aber, ein wissender Warner, will nicht unbemerkt dahingelebt haben. So lassen ihn auch seine anderen Werke, so die kargen Nachrichten von seinem Leben erkennen. Er wurde etwa 55 nach Christo geboren und in der rhetorisch-politischen Schulung des Zeitalters herangebildet. Dann war er Staatsmann unter den flavischen Kaisern und zuletzt noch Statthalter in Asien. Mit der Tochter des britannischen Statthalters Agricola verheiratet, hielt er sich waehrend der Verfolgungen unter Domitian fern. Dann, unter Nerva und Trajan, stand er wieder in hohem Ansehen. Er scheint noch die ersten Jahre Hadrians erlebt zu haben. Als Schriftsteller begann er, wahrscheinlich erst nach Domitians Tode hervortretend, mit dem _Dialog_ ueber die Redekunst und ihren Verfall. Es folgte die Lebensbeschreibung seines Schwiegervaters _Agricola_ und, noch im gleichen Jahre 98, die _Germania_. Dann die _Historien_, eine Geschichte seiner Zeit von Galba (67) bis zum Ende Domitians (96), und die _Annalen_, vom Tode des Augustus bis zum Ausgang des Nero. Die letzten beiden Werke sind nichts weniger als vollstaendig erhalten. In ihnen erst erschliesst sich Tacitus ganz, "_le plus grand peintre de l'antiquite_", wie ihn Racine nannte. Er hat immer nur auf Kenner und verwandte Naturen gewirkt, auf diese aber durch Jahrhunderte, und seine Zeit und Sendung ist noch lange nicht vorueber. Freilich muss man, nach einer Anmerkung Lichtenbergs, "sehr viel selbst mitbringen, um ihn zu verstehen". * * * Die "Germania" wird 865 von Rudolf von Fulda zitiert. Dann bleibt sie lange verschollen. Im Auftrage des Papstes Nikolaus V. reist Enoche von Ascoli nach Frankreich und Deutschland, um alte Handschriften zu suchen, und bringt die "Germania" und den "Dialog" 1455 nach Italien. (Die Handschrift, die beide Werke enthielt, ist wohl in einem deutschen Kloster gefunden worden.) Spaeter kommen andere Handschriften hinzu. Der Titel der Schrift lautet einmal "_De origine, situ, moribus ac populis Germanorum_", ein andermal "_De origine et situ Germanorum_". 1469 schon wird die "Germania" gedruckt. Wichtig sind die alten Ausgaben von Beatus Rhenanus und Justus Lipsius, beide aus dem 16. Jahrhundert; die neuen von Jakob Grimm (1833), Moritz Haupt (1855), Karl Muellenhoff (_Germania antiqua_, 1873); ferner Baumstark (1876), Schweizer-Sidler, zuletzt aufgelegt in der Bearbeitung von Schwyzer (1912). Diese unsere Uebersetzung ist nicht die Arbeit eines Philologen. Sie geht von dem Kuenstler Tacitus aus und sucht den Rhythmus seiner Sprache und den Gehalt seines Wesens fuer Deutsche wieder lebendig zu machen. Sie lehnt sich fast ueberall an den Text von Schweizer-Sidler an; die Deutung und namentlich die folgenden Erlaeuterungen beruhen (von anderen Quellen abgesehen) auf seinem Kommentar, auf Baumstark und vor allem auf der ausfuehrlichen Erklaerung der Germania, die Muellenhoff im 4. Band seiner Deutschen Altertumskunde bietet. Von den zahlreichen Uebersetzungen wurden alle wichtigeren, soweit sie erreichbar waren, benutzt, insbesondere alle neuen und neu aufgelegten; von aelteren namentlich die von Boetticher und Bacmeister. Den Herren Dr. Friedrich Loehr, Sekretaer des Archaeologischen Instituts in Wien, und Dr. Gustav Kafka, Privatdozenten an der Muenchner Universitaet, schuldet der Uebersetzer fuer freundliche Ratschlaege besonderen Dank. ERLAeUTERUNGEN _1_ Die roemische Provinz _Raetien_ reicht noerdlich bis zur Donau (Ries!), oestlich zum Inn; von da bis zum Wienerwald Noricum, von Tacitus nicht genannt; weiter zwischen Donau und Save _Pannonien_. _Sarmater_ in Osteuropa, etwa von der Weichsel an, _Daker_ in Siebenbuergen. _Gebirge_ die Karpathen. _Ein Kriegszug_: der des Tiberius im Jahre 5 n. Chr.? _Abnoba_ Schwarzwald. _2_ Der Beweis des ersten Absatzes ist wenig ueberzeugend. _Asien_, _Afrika_, _Italien_ die roemischen Suedprovinzen. _Tuisto_ (Zwist!) ist zweigeschlechtig, _Mannus_ Mann, Mensch, der erste Mensch. Die Namen der _Marser_ (Merseburg) und _Gambrivier_ verschwinden bald; sind es, wie _Sueben_ und _Vandilier_ (Ostgermanen), Kultverbaende? Die _Tungrer_ (Tongern!) wurden Germanen genannt (von den Kelten? die Form ist keltisch: "Rufer im Streit" oder "Nachbarn"?); sie drohten, um ihr Ansehen zu heben, mit anderen "Germanen" ueber dem Rhein. Die Voelker rechts des Rheins haetten sich dann wirklich so genannt (Muellenhoff). "Eine verzweifelte Stelle!" (Grimm.) _3_ _Herkules_ wohl _Donar_; _barditus_ ist nicht genuegend erklaert. _Ulixes_ (Odysseus) der Schwanenritter? _Asciburgium_ Asberg bei Moers im Rheinland. _Griechische Schrift_ verwenden die Kelten. _5_ Tacitus selbst erwaehnt in den spaeteren Annalen, dass die Mattiaker (bei Wiesbaden) Silbergruben hatten. Ganz so harmlos gegen Gold und Silber waren auch die aeltesten Zeiten der Germanen nicht (Tacitus an anderen Orten, die Sage!). Die erwaehnten roemischen Muenzen, Silberdenare, wurden bis zum Jahre 54 v. Chr. gepraegt; spaeter hat sich der Feingehalt verschlechtert! _6_ Die Germanen galoppieren rechts, weil sich beim Galopp links die linke, nicht vom Schild gedeckte Seite des Koerpers dem Feinde zuwenden wuerde. Wirklich zeigen Graeberfunde den Sporn nur am linken Fuss (Schweizer-Sidler). Der _Keil_ kehrt seine Spitze dem Gegner zu. _7_ _Koenige_ und _Fuersten_ haben gleiche Befugnis, Fuerst ist der Koenig eines kleineren Gebietes. Der Koenig wird aus dem Erbgeschlecht jedesmal gewaehlt. Koenigtum und Fuerstenherrschaft gehen geradezu ineinander ueber. Im Osten sind Koenige haeufiger. Der Koenig ist Heerfuehrer. Nur bei der Vereinigung mehrerer Heere wird ein Koenig zum _dux_ gewaehlt (Muellenhoff). _8_ _Die Brueste entbloessend_: ihr Leib soll nicht fremden Siegern gehoeren. _Veleda_ zuletzt gefangen nach Rom gebracht. _Machten_ ... _Goettinnen_ wie die roemischen Senatoren, die so den Frauen der Kaiser schmeichelten. _9_ _Mercurius_ (besonders als Totenfuehrer): Wotan (_dies Mercurii_ = _Wednesday_). Mars: Tiu, Ziu (_dies Martis_ = _Tuesday_). _Herkules_: Donar. Diese drei Goetter nennt noch ein Taufgeloebnis des 8. Jahrh. _Isis_: vielleicht Freya? (Nerthus!) Die illyrischen _Liburner_ hatten leichte Schiffe. _10_ _Wilder Fruchtbaum_: Eiche, Buche, Haselstrauch, Wacholder. Zeichen durch Pferde auch bei Persern und Slaven. _11_ _Naechte_ noch jetzt Weihnacht, Fastnacht, _Fortnight_. _In Waffen_ noch jetzt "Spiessbuerger". _Jeder_: Muellenhoff folgert aus dem grammatischen Sinn, dass nur _rex vel princeps_ reden durften, nicht jeder Teilnehmer. Aber jedesfalls _licet accusare_ usw. (Kap. 12). _12_ _Am Koerper Geschaendete_: widernatuerliche Maenner, aber wohl auch "entehrte" Frauen, fuer die sich Todesstrafe noch lange erhaelt. Dieses Versenken ist eine Weiberstrafe, daher besonders schimpflich. _Frevel - Schandtat_: das germanische Rechtsbewusstsein nimmt die offene, nicht verheimlichte Tat, ohne List, leichter hin. _Die Fuersten bestimmt_ naemlich aus der Zahl der vorhandenen Fuersten. _Recht sprechen_ ist roemische, nicht germanische Auffassung; nach dieser leitet der Fuerst (spaeter Gaugraf) nur die Volksverhandlung, der _Rat_ macht den Urteilsvorschlag, der _Beistand_ gibt das "Vollwort": sie "finden" das Recht, der entsendete Richter tut nur den Spruch. _15_ _Brustschmuck_ (_phalerae_) aehnlich den Orden (oder wie Medaillons?). _Geld_: roemische Kaiser (Caligula, Domitian) schliessen um Geld mit den Germanen Frieden oder erkaufen Triumphe. _16_ _Vielleicht_: in Wirklichkeit aus Unabhaengigkeitssinn. Der Schlusssatz sucht die gewohnte Zuspitzung am Ende eines Abschnittes, wird aber gerade wortreich und gewoehnlich. _17_ _Kleid_ die Unterkleidung, unter dem Rock, geht nach Baumstark unten (auch bei Frauen?) in Hosen aus. Bei Frauen, namentlich aber bei vornehmen, trotzdem Unterschiede in der Kleidung (vgl. die Germanin, sog. Thusnelda der Loggia dei Lanzi in Florenz): lang herabwallende Kleidung bis zu den Fuessen. Ihre _Kleidung_ laeuft oben nicht in Aermel aus wie in Rom. Die germanischen Maenner wiederum hatten Aermel, wenn auch kurze. Das Frauengewand wird nur an der Schulter zusammengehalten; der Armschlitz laesst die Brust zum Teil sichtbar werden. _18_ _Umworben werden_ von den Familien der Maedchen. _Mitgift - Geschenke_: Tacitus merkt nicht, dass er vom Brautkauf erzaehlt; _Mitgift_ ist der Preis. Das Gegengeschenk der Braut (etwa ein Speer) ist das Zeichen fuer den Uebergang der Gewalt vom Vater an den Ehemann. Alles dies vermengt Tacitus mit den Vorstellungen und Formeln der _confarreatio_, der strengen altroemischen Ehe. _19_ _Schauspiel_ das roemische Theater mit seinem mehr als eindeutigen Getriebe. _20_ Anspielungen auf die Erziehung durch Sklaven in Rom und auf die Erbschleicherei bei Kinderlosen sind deutlich. _22_ _Eroeffnet es noch_: die Roemer halten sich selbst da zurueck. Ueberhaupt ist in diesem Kapitel fast jeder Satz ein Widerspiel roemischer Sitten (Passow). Die Roemer stehen frueh auf, speisen lieber an einem gemeinsamen Tisch, duerfen in der Stadt nicht bewaffnet gehen und sollen nicht vor Abend trinken. _23_ _Getraenk_ Bier. _Ufergrenze_ wohl nur des Rheins; die Sueben an der Donau dulden keinen Wein, weil die Haendler als Gegenwert Sklaven fortschleppen. _25_ Tacitus denkt hier nur an die "Hintersassen"; es gibt aber auch Haussklaven (Kap. 20). Im folgenden Anspielung auf das Treiben der Freigelassenen in Rom. _26_ _Besser verhuetet_: Muellenhoff und Baumstark koennen diesen Satz nur durch Fluechtigkeit erklaeren. Die folgende Schilderung der Anbauverhaeltnisse, von allen Seiten her erlaeutert, ist nach Muellenhoff uebersetzt. _Nicht in vier Zeiten_: sondern in Winter und Sommer. So zaehlen sie auch, also nach halben Jahren. Doch ist _Herbst_ ein altgermanisches Wort; nur brachte die Getreideernte bei den Germanen freilich schon der Sommer, Wein und edles Obst aber kannten sie nicht. Daher wohl der Irrtum des Textes. _27_ Uebergang vom allgemeinen zum besonderen Teil der Schrift. _28_ _Caesar_ wird als einziger Gewaehrsmann ausdruecklich genannt. Diese seine Behauptungen nimmt schon Tacitus nur mehr hin, heute sind sie als unrichtig erkannt. Die Kelten, die frueher auch rechts vom Rhein sassen, wurden vielmehr von den Germanen ueberall zurueckgedraengt. _Herzynischer Wald_ das ganze deutsche Mittelgebirge, hier etwa Schwarzwald und Rauhe Alb. _Helvetier_ bald darauf in der Nordschweiz, _Bojer_ damals in Boehmen (Beheim), _Aravisker_ um Stuhlweissenburg, _Osen_ in Oberungarn; diese beiden pannonische Staemme. Von den Osen ist es Kap. 43 ausdruecklich bezeugt; die Worte _Germanorum natione_ koennen nur auf den Wohnsitz gedeutet werden. _Treverer_ um Trier, wahrscheinlich Gallier, _Nervier_ an der Sambre, _Vangionen_ um Worms, _Triboker_ bei Hagenau, _Nemeter_ um Speyer, _Ubier_ 38 v. Chr. durch Agrippa ans linke Rheinufer verpflanzt; ihr Hauptort wird die _colonia Agrippinensis_, der Geburtsort der Agrippa, Tochter des Germanicus und Gemahlin des Kaisers Claudius. Sie ist auch die Stifterin der Kolonie (Koeln!). _29_ _Bataver_ im Rheindelta; die behauptete Auswanderung von den Chatten her wohl nicht richtig. Auch nach dem Aufstand des Civilis (69 und 70 n. Chr.) bleibt das Freundschaftsverhaeltnis zu den Roemern. _Mattiaker_ um Wiesbaden, dessen Quellen schon bekannt sind. _Ueber die alten Grenzen_ endgueltig durch den Bau des Grenzwalls (_limes_), der, von Domitian begonnen, in seiner Vollendung (3. Jahrh.) von der Donau bei Lorch oder Kehlheim ueber Odenwald und Taunus an den Rhein (Neuwied) ging; 550 km lang. Man hat schon tausend Wachttuerme und hundert Kastelle (darunter die Saalburg) festgestellt. Er ist zuletzt eine foermliche Mauer. _Zehntland_ (_agri decumates_, nur hier erwaehnt) roemisches Staatspachtland am mittleren Neckar. _30_ _Weiter hinaus_ ueber das Zehntland hin. _Chatten_ = Hessen. Sie sind, ausser den Friesen, nach Grimm "der einzige deutsche Volksschlag, der mit behauptetem alten Namen bis auf heute an derselben Stelle haftet, wo sie in der Geschichte zuerst erwaehnt werden". Ihnen widerfaehrt hier unter allen Staemmen das groesste Lob. _32_ _Usipier_ (Usipeter) und _Tenkterer_, immer gemeinsam genannt, vom Siebengebirge gegen Ruhr oder Lippe. _33_ _Brukterer_ zwischen Ems und Lippe (ihre Seherin Veleda!); spaeter zurueckgedraengt, aber keineswegs vernichtet. Die 60000 sind uebertrieben. Alle diese Staemme gehen in den Franken auf, deren Hauptvolk spaeter die _Chamaver_ werden, damals noerdlich der Lippe bis zum Zuydersee. _Angrivarier_, an der Weser, spaeter als Angern ein Hauptstamm der Altsachsen. _34_ _Im Ruecken - vorn_: die Voelker mit dem Gesicht zur See. _Dulgubiner_ in der Gegend von Hannover (?), _Chasuarier_ an der Haase, Friesen zwischen Zuydersee und Ems, die Kleinfriesen zwischen Rhein und Yssel. _Seen_ besonders der Zuydersee, aber auch viele andere, da es an Deichen fehlt; so entstehen foermliche Inseln. _Roemische Flotten_: Drusus Germanicus (12 v. Chr.) und sein Sohn Germanicus (14 und 15 n. Chr.). Auf eine andere, nicht recht zu bestimmende Unternehmung deutet Kap. 1. _Saeulen des Herkules_ wie bei Gibraltar (die Klippen von Helgoland?); hier ist der roemische Herkules gemeint. _Niemand versucht_: nach Drusus Germanicus jedesfalls Tiberius (5 n. Chr.). _35_ Zum Anfang dieses Kapitels: man denkt sich die kimbrische Halbinsel (Schleswig-Juetland) von der Elbemuendung an stark ostwaerts geneigt. _Chauken_ am Meer zwischen Ems und Elbe. Nach Muellenhoff sind es vielleicht ueberhaupt nur andere Friesen, "Chauken" ein Ehrenname. Im Bogen haetten sie die Chatten an der Weser treffen muessen, eine wahrscheinlich unrichtige Angabe. Plinius schildert die Chauken als armseliges Fischervolk, immer von Sturmfluten bedroht. Das auffallende Lob des Tacitus vielleicht beabsichtigter Gegensatz zum folgenden Kapitel. _36_ _Zur Seite_ oestlich. _Cherusker_ in der Umgebung des Harzes, frueher noch weiter nordwestlich, zwischen Weser und Elbe. Am bekanntesten durch ihren Kampf gegen die Roemer: Vernichtung des Varus im Teutoburger Walde. Arminius, der "Befreier Germaniens", besiegt auch Marbod, den Koenig der Markomannen. Bald werden aber die Cherusker zurueckgedraengt, innere Zwistigkeiten, Kaempfe mit den Chatten wueten, vom Frieden des Tacitus ist keine Rede. Ebenso scheint die Demuetigung der Cherusker uebertrieben. Nur ihr (hieratischer?) Name verschwindet. Sind es die spaeteren Sachsen? _Fosen_ in der Wesergegend. _37_ _Kimbern_: ein Rest also noch auf der kimbrischen Halbinsel. Auf ihrem grossen Zuge stossen die Kimbern 113 v. Chr. (641 [der varronianischen, 640 der catonianischen Aera] nach der Gruendung der Stadt - Tacitus haelt sich an die runde Zahl -) auf die Roemer unter Papirius Carbo. 107 wird der Konsul L. Cassius mit seinem Heer vernichtet, 105 der Prokonsul Servilius Caepio und der Konsul Gnaeus Mallius. Das sind drei konsularische Heere; Aurelius Scaurus, gleichfalls geschlagen und getoetet, hatte kein eigenes Heer, und Carbo erlitt nur eine geringe Niederlage. Das zweite Konsulat Trajans ist 98 n. Chr. Diese Stelle gilt als Beweis fuer die Abfassung der "Germania" im gleichen Jahre. _Arsaces_ begruendet im 3. Jahrh. v. Chr. das grosse Partherreich, lange neben Rom die einzige oestliche Grossmacht; Crassus wird 53 v. Chr. von den Parthern getoetet, Ventidius, ein Emporkoemmling, raecht die Niederlage, indem er die Parther am Jahrestage dieser Schlacht 38 v. Chr. besiegt und ihren Prinzen Pacorus toetet. _Selbst dem Caesar_: Augustus. _Nero_ ist Tiberius. _Ruestungen des C. Caesar_: Caligula; er laesst seine germanische Leibwache Feind spielen und triumphiert (40 n. Chr.); spaeter feiert auch Domitian einen hoechst sonderbaren Triumph. In den Buergerkriegen nach Neros Tod beginnt der Aufstand der Nordwestgermanen. _38_ _Nunmehr_ eroeffnet den zweiten Hauptteil: Tacitus rechnet alle folgenden, auch die nichtgermanischen Staemme zu den Sueben. Aber schon die Nerthusvoelker gehoeren nicht mehr dazu; auch nicht die Ost- und Nordgermanen. _Sueben_ wortgleich mit "Schwaben". _Stammeszeichen_: der Knoten, ohne Band, an der rechten Schlaefe ueber dem Ohr ist durch Bilder bezeugt, aber auch bei Nichtsueben; eher waeren nach Baumstark im letzten Satz des 43. Kapitels Kennzeichen angegeben. Baumstark unterscheidet die Maenner, die diese Knoten ohne Band tragen, von denen, die ihn ueber dem Scheitel (mit einem Band) flechten, und diese wieder von den "Vornehmen". _39_ Muellenhoff haelt den Namen _Semnonen_ fuer hieratisch: ihr Wohnsitz, etwa im Spree- und Havelland, entspricht der von ihm behaupteten Urheimat der Germanen. Der besonders grossartige Kultus ist denn auch der des Stammvaters Ziu, an dem die Sueben festhalten; ihre Stadt ist Ziesburg = Augsburg. Im 3. Jahrh. wandern die Semnonen als Alamannen (alle Mannen, ein Zusammenschluss!) an den raetischen Limes und erobern von da ab das jetzt noch alemannisch-schwaebische Gebiet. Der Vers _auguriis - sacram_ im Deutschen durch "Zeichen - weihten" wiedergegeben. Vgl. die allgemeine Einleitung! _40_ _Langobarden_ an der unteren Elbe; im 5. Jahrh. ueber Suedmaehren ins Alfoeld (ihr "Feld") und weiter nach Pannonien und Italien (Lombardei). Die sieben Nerthusvoelker: eine Kultgemeinschaft, in Schleswig-Holstein, vielleicht auch Mecklenburg; die Angeln gehen spaeter nach England. Nicht genannt sind die Sachsen, damals in Holstein. _Nerthus_ nicht etwa Hertha (eine falsche Bildung), sondern Freya; als Mutter Erde (_magna mater Idaea_) bezeichnet, weil auch diese auf einem Wagen gefahren wird und ein Priester Bild und Wagen reinigt. _Insel_ sicher nicht Ruegen, ebenso der See nicht der Herthasee, dessen Sage eine spaete gelehrte Erfindung ist. _Wenn man es glauben darf_: also kein Goetterbild (Kap. 9). _41_ _Wie noch zuvor_: vom Zehntland bis zu den Chauken (Kap. 35), ja im wesentlichen sogar bis zu dieser Stelle folgt Tacitus der Suednordrichtung des Rheins; im folgenden der Westostrichtung der Donau. _Hermunduren_ zwischen Harz und Erzgebirge, suedwaerts bis zum Main, vielleicht sogar zur Donau. Die gute Ausnahme bei den Roemern deutet nicht gerade auf unmittelbare Nachbarschaft; Grenznachbarn des Reiches duerfen den Strom nur an bestimmten Stellen unter Aufsicht ueberschreiten. _Kolonie_ ist _Augusta Vindelicorum_ (Augsburg). _Elbe_: man dachte sich wohl die Moldau oder Eger oder thueringische Saale als Oberlauf der Elbe. So weit waren roemische Heere gedrungen, aber seit der Niederlage des Varus kannte man die Elbe nur noch vom Hoerensagen. _42_ _Varisten_ am Fichtelgebirge, _Markomannen_ in der grossen "Mark" zwischen Main und Donau, die nach dem Abzug der Helvetier entstanden war, ein suebisches Volk. Marbod fuehrt sie nach Boehmen, wo schon vorher, vielleicht mit durch die Markomannen, die Bojer vertrieben worden waren. Er begruendet ein maechtiges Reich, das bis zur Weichsel reicht, aber ein Krieg mit den Cheruskern zerstoert es, und Marbod fluechtet zu den Roemern. Spaeter, unter Marc Aurel, der Jahre waehrende grosse Markomannenkrieg der Roemer (Vorspiel der Voelkerwanderung?). Im 6. Jahrh. wird Boehmen slavisch, die Markomannen sind nach Bayern gerueckt. Hier ist der Stamm, vom Lech bis zur Enns, geblieben (Bayern und Deutschoesterreicher). _Quaden_ wahrscheinlich mit den Markomannen zusammen gewandert, gleichfalls Sueben, in Maehren und Oberungarn, Bundesgenossen der sarmatischen Jazygen, 407 mit den Vandalen nach Spanien. _Stirnwehr_ gegen Rom. _Tudrus_ wahrscheinlich ein Quadenkoenig. _43_ _Noch weiter ab_: noerdlich und oestlich der Markomannen und Quaden, um das schlesische Gebirge. _Eisen_, das bei den Germanen so selten ist, verwenden die Kotiner nicht einmal, um sich von den Abgaben zu befreien. _Gebirge_ der oestliche Teil des Herzynischen Waldes, besonders das Eschengebirge, slavisch Jesenik, Gesenke. _Lugier_ oder Lygier die Suedgruppe der Ostgermanen, wieder ein Kultverband (Vandilier, Kap. 2), der alle hier genannten Staemme und wohl auch die nicht genannten Burgunder umfasst. Das Heiligtum liegt bei den Nahanarvalern (hieratischer Name, Muellenhoff). Die Lugier, von der Ostgrenze Boehmens bis zur Weichsel, heissen spaeter Vandalen, eine Nebenform von "Vandilier". Ihre Wanderung fuehrt nach Gallien, Spanien, Nordafrika. _In Frauentracht_: nur der Haarschmuck oder wirklich Frauenkleidung? Das erste aus Hasdingi (dem Namen des Koenigsgeschlechtes und darnach des ganzen Volkes) abgeleitet, "Maenner mit Frauenhaar"; das Koenigsgeschlecht aber nennt sich nach dem Bruederpaar "Kastor und Pollux", einer alten indogermanischen Lichtgottheit, gleich den Dioskuren: "Alken" und "Hasdingi" soll zusammenhaengen. Das Totenheer und die straffere Koenigsherrschaft leitet die Steigerung ein, die allmaehlich in das Reich des Maerchens hinueberfuehrt. _Goten_, das bedeutendste ostgermanische Volk, das Heldenvolk der Germanen, zwischen Weichsel und Pregel; spaeter in Suedrussland, wo sich in der Krim Reste bis ins 16. Jahrh. erhalten haben. Ihre Wanderung ist bekannt. _Rugier_ und _Lemovier_ damals an der Ostsee zwischen Weichsel und Oder, die Rugier spaeter an der oesterreichischen Donau. _44_ In der Westostrichtung zur Ostsee, von der man damals keine rechte Vorstellung hatte. _Suionen_ sind Schweden, Skandinavien gilt als Insel. Schiffe, aehnlich den hier beschriebenen, noch heute bei den Norwegern als Scherenboote gebaut. _Reichtum_: Geldgier fuehrt zur Entartung, und Entartete lassen sich einen unumschraenkten Herrscher gefallen. Aber der schwedische Koenig, der ein Stammesheiligtum verwaltet und dafuer Opfersteuern einnimmt, hat in Wirklichkeit gar keine unbeschraenkte Macht. Nur gebietet er Festfrieden, und dann sind alle Waffen verschlossen (Kap. 40). Vielleicht haben Suedgermanen, die den Glanz dieser Feste sahen, das Missverstaendnis verschuldet. Steigerung gegenueber der Koenigsmacht der Goten! _45_ _Jenseits_ noerdlich. _Starr_: Pytheas von Massilia berichtet, es gebe eine {~GREEK SMALL LETTER THETA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA WITH TONOS~}{~GREEK SMALL LETTER LAMDA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}{~GREEK SMALL LETTER SIGMA~}{~GREEK SMALL LETTER SIGMA~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~} {~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER EPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER PI~}{~GREEK SMALL LETTER ETA~}{~GREEK SMALL LETTER GAMMA~}{~GREEK SMALL LETTER UPSILON~}{~GREEK SMALL LETTER IOTA WITH PERISPOMENI~}{~GREEK SMALL LETTER ALPHA~}, ein geronnenes Meer (im Mittelalter die Sage vom Lebermeer). Also Kunde vom Eismeer und von der Mitternachtssonne! _Der Erdkreis_ ist eine Scheibe, die Sonne am Rand so nahe, dass man ihre Rosse und die Strahlen um das Haupt des Sonnengottes wahrnimmt. Die aufgehende Sonne erklingt nach altem Glauben. "Toenend wird fuer Geistesohren schon der neue Tag geboren ... welch Getoese bringt das Licht!" (Faust). _Nun denn_: der Bericht geht wieder zu einer bekannten Gegend ueber. Die _rechte_ Kueste ist nach der Westostrichtung die der Ostsee. _Aestier_ sind die Litauer; erst spaeter geht der Name auf die finnischen Esthen ueber. Das Folgende zeigt gerade, dass die Aestier keine Germanen sind; die Aehnlichkeit mit der britannischen Sprache wohl nur zufaellig. _Bernstein_, ein uralter Schmuck, wird ueber die "Bernsteinwege" zu Land und zur See nach Suedeuropa gebracht. Die Entstehung des Bernsteins nach Plinius; die Anschauung, dass von den Enden der Welt kostbare Schaetze kommen, bei Herodot. _glesum_: Glas, das Glaenzende. _Landtiere_: Martial nennt die Viper. _Sitonen_ oestlich von den Suionen sind Finnen (Kvaenen; Anklang an gotisches _qens_, Weib, _queen_): daher der Bericht ueber die Frauenherrschaft. Hoehepunkt der Steigerung: Goten, Suionen, Sitonen immer unbeschraenkter regiert, immer maerchenhafter bis zur Frauenherrschaft. _46_ _Peuciner_ ein anderer Name fuer die Bastarner, das oestlichste Germanenvolk (von der Weichsel durch Galizien hin zur Donaumuendung), auch das zuerst, schon den Griechen, 200 v. Chr. an der unteren Donau bekannte. _Veneter_ Wenden, das germanische Wort fuer Slaven. _Fennen_: Finnen. Die Schilderung bezieht sich nur auf ihr Leben im Sommer. Die _Hellusier_ sollen "Hirschartige", die _Oxioner_ "Ochsenartige" sein, vielleicht nach den Tierfellen, die sie tragen; und daher wohl auch die Fabel. [Illustration: Karte zu Tacitus' Germania] Druck der Spamerschen Buchdruckerei, Leipzig BEMERKUNGEN ZUR TEXTGESTALT Die Originalausgabe ist in Fraktur gesetzt. In Antiqua gesetzt sind in ihr einzelne Woerter aus fremden Sprachen, hier durch Unterstrich (_) gekennzeichnet, ebenso wie gesperrt gesetzte Woerter. Variationen bei Schreibweisen wurden nicht vereinheitlicht. Korrektur eines offensichtlichen Druckfehlers: Seite 45: "Goettinen" geaendert in "Goettinnen" ***END OF THE PROJECT GUTENBERG EBOOK DIE GERMANIA*** CREDITS April 29, 2012 Project Gutenberg TEI edition 1 Produced by Norbert H. Langkau and the Online Distributed Proofreading Team at http://www.pgdp.net A WORD FROM PROJECT GUTENBERG This file should be named 39573.txt or 39573.zip. This and all associated files of various formats will be found in: http://www.gutenberg.org/dirs/3/9/5/7/39573/ Updated editions will replace the previous one -- the old editions will be renamed. Creating the works from public domain print editions means that no one owns a United States copyright in these works, so the Foundation (and you!) can copy and distribute it in the United States without permission and without paying copyright royalties. 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To learn more about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation and how your efforts and donations can help, see Sections 3 and 4 and the Foundation web page at http://www.pglaf.org. Section 3. Information about the Project Gutenberg Literary Archive Foundation The Project Gutenberg Literary Archive Foundation is a non profit 501(c)(3) educational corporation organized under the laws of the state of Mississippi and granted tax exempt status by the Internal Revenue Service. The Foundation's EIN or federal tax identification number is 64-6221541. Its 501(c)(3) letter is posted at http://www.gutenberg.org/fundraising/pglaf. Contributions to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation are tax deductible to the full extent permitted by U.S. federal laws and your state's laws. The Foundation's principal office is located at 4557 Melan Dr. S. Fairbanks, AK, 99712., but its volunteers and employees are scattered throughout numerous locations. Its business office is located at 809 North 1500 West, Salt Lake City, UT 84116, (801) 596-1887, email business@pglaf.org. Email contact links and up to date contact information can be found at the Foundation's web site and official page at http://www.pglaf.org For additional contact information: Dr. Gregory B. Newby Chief Executive and Director gbnewby@pglaf.org Section 4. Information about Donations to the Project Gutenberg Literary Archive Foundation Project Gutenberg{~TRADE MARK SIGN~} depends upon and cannot survive without wide spread public support and donations to carry out its mission of increasing the number of public domain and licensed works that can be freely distributed in machine readable form accessible by the widest array of equipment including outdated equipment. Many small donations ($1 to $5,000) are particularly important to maintaining tax exempt status with the IRS. 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